Kurz nachdem ich mit einem Gallien Krueger 400RB meinen lang gesuchten Sound wiedergefunden hatte, bekam ich die
Gelegenheit, einen eher unbekannten GK-Amp zu testen. Das winzig kleine Teil, genannt 200RCB, im typischen GK-Schuhkarton-Format überraschte mich sehr.
Beim 200RCB handelt es sich um die Head-Version des bekannten und recht beliebten GK 200MB Combos. Den 200RCB gab es in zwei Versionen, die sich hinsichtlich kleiner technischer Details
unterscheiden.
Übersicht
Bauform: Topteil
Technik: Transistor
Leistung: 100 Watt an 4 Ohm
Maße: 440 x 88 x 180 mm (BHT)
Gewicht: 5 kg
Klangregelung: 4-Band EQ, Contour, Hi-Boost
Eingänge: Klinke
Ausgänge: Balanced Line (Klinke, XLR), Speaker Out (Klinke), Direct Out (XLR), Headphone
Konzept
Irgendwie scheint Rob Gallien ein Faible für "quadratisch-praktisch-..." zu haben. Dieses schlichte und kantige Amp-Design scheint es schon immer zu geben, es zieht sich bis heute durch sämtliche
GK-Produktlinien durch.
Als Gehäuse-Material wurde stabiles Stahlblech verwendet, welches diesen kompakt wirkenden Amp absolut roadtauglich erscheinen lässt. Der hier vorgestellte 200RCB beweist es: Er ist knappe 30
Jahre alt, weist deutliche Nutzungsspuren auf, technisch ist jedoch alles 100%ig in Ordnung.
Große Gummifüße auf der Unterseite verleihen dem Leichtgewicht Halt auf einer Box, kleinere Gummifüße sind auf einer Stirnseite vorhanden, so dass der Amp auch hochkant abgestellt werden kann.
Ein kleiner Griff auf der gegenüber liegenden Seite erleichtert den Transport ungemein, zumal der Amp mit knappen 5 kg mit heutigen s.g. Micro-Amps in einer Gewichtsklasse spielt.
Auch dieser Amp setzt ganz auf Transistoren:
So klein das Teil auch ist, die Ausstattung könnte von einem "Großen"
stammen:
Der Bass wird am linksseitigen Klinkeneingang eingestöpselt. Zwischen aktiven oder passiven Bässen wird nicht unterschieden, die Eingangsempfindlichkeit wird mit Volume geregelt.
Ein per Druckschalter aktivierbarer onBoard-Kompressor fängt allzu heftige Pegelspitzen ab. Erfreulich ist die Arbeitsweise dieses "Limiters": Die Pegelspitzen werden nicht abrupt gekappt,
sondern nur weich beschnitten.
Zwei Klangpresets können per Druckschalter gewählt werden. Hi Boost stellt die HochMitten/Höhen deutlich in den Vordergrund, während Contour die allseits beliebte Badewanne
einstellt, d.h. Bässe und Höhen werden betont, die Mitten werden gleichzeitig ein wenig in den Hintergrund gestellt.
Der 4-Band Equalizer arbeitet in den Bereichen 60 Hz, 250 Hz, 1 kHz und 4 kHz und erlaubt eine schnelle Einstellung des Wunschsounds. Die Regelwege sind recht knackig gehalten, so dass bereits
kleinste Bewegungen an den Potis große Klangveränderungen nach sich ziehen können.
Der schaltbare onBoard-Chorus sucht seinesgleichen. Die Geschwindigkeit des Effekts wird mit Rate stufenlos eingestellt, die Weite des Effekt mit Depth. Die
Regelweite beider Parameter ist nur sehr gering, großartige Auswirkungen sind damit nicht möglich, der Chorus klingt erstaunlich "fett" und schön weich.
Der onBoard-Kompressor und Chorus lassen sich (im Gegensatz zum 200RCB Series I) auch per Fußschalter aktivieren.
Ein Headphone Out bietet die Möglichkeit, den Kleinen auch in der Nacht und bei wenig verständnisvollen Nachbarn zu nutzen.
Auf der Rückseite des Amps befinden sich die XLR-Anschlüsse für einen DI-Out (pre EQ/Chorus/Kompressor/FX-Loop), einen Stereo Balanced-LineOut (Abgriff post EQ/Kompressor/Chorus/FX-Loop - pre
Master), ein Klinkenout für den Balanced-LineOut sowie In/Out des Effektweges.
Eine Box kann per Klinke (min. Load 4 Ohm) angeschlossen werden.
Sound
Ich behaupte mal kühn, der typische Gallien Krueger Sound wurde mit den bekannten Amps 400RB bzw. 800RB etabliert. Der 200RCB klingt anders.
Erstaunlich Nebengeräusch-arm und ohne diesen typischen GK-Einschalt-Plopp werkelt das Teil trotz seines hohen Alters und der deutlichen Gebrauchsspuren vor sich hin.
Der Kleine klingt relativ weich, kratzige Mitten sind zumindest in der EQ-Neutralstellung nicht vorhanden. Mit knappen 100 Watt (an 4 Ohm) ist der Ampzwerg auch verdammt laut und weiß sich im
Bandkontext durchzusetzen. Der Cleansound bleibt auch bis in recht hohe Lautstärkebereiche bestehen, erst dann setzen weich und harmonisch klingende Zerrsounds ein.
Das Contour-Preset verpasst dem Sound ´ne ordentliche Schippe Bässe, ohne diese zu überzeichnen. Der Equalizer ist geschmackvoll abgestimmt, wie jedoch schon bemerkt, sind die Regelwege recht
knackig gehalten. Gerade das 60 Hz-Band sollte mit Bedacht geregelt werden, denn sonst könnte es ein wenig zu viel mit dem "Bassfundament" werden...
Das Hi-Boost Preset finde ich ein wenig übertrieben abgestimmt, mir werden dabei zu viele Höhen zu deutlich in den Vordergrund gestellt. Da bemühe ich bei fehlenden Höhen lieber den Equalizer.
Der Kompressor greift recht zahm in das Klanggeschehen ein, wirklich brauchbar finde ich den nicht. Deutlich besser finde ich den Chorus. Der klingt unglaublich schwebend, ohne dabei wie viele
andere Chorus-Pedale künstlich zu klingen und ohne den berüchtigten (Bass-)Frequenzklau zu begehen. Die Greifweite der Parameter des Chorus ist eher bescheiden, großartige Effektveränderungen
sollte man nicht erwarten. Rate und Depth auf "Anschlag rechts" bewirken jetzt nicht, dass ein "übermächtiger" Chorussound entsteht, der ohnehin gut klingende Chorus platziert sich nur ein wenig
fester.
Fazit
Neben meinen bisherigen Gallien Krueger Amps klingt der 200RCB ein wenig anders. Er klingt nicht ganz sooo "groß", jedoch auch nicht zu "klein".
Ursprünglich wollte ich den 200RCB nur als zu-Hause-Amp nutzen, habe ihn jedoch schon bei vielen kleineren Gigs ohne zusätzliche PA-Bass-Unterstützung erfolgreich genutzt.