Eden WP-100 The Navigator

Die Marke Eden hatte ich lange Zeit nicht im Blick, da sie mir meistens zu teuer erschien und es zu wenig Antestmöglichkeiten ergab. Sehr gute Erfahrungen konnte ich mit Boxen von Eden sammeln, jedoch noch keinerlei mit deren Amps. Da ich eher ein Freund von übersichtlichen Frontplatten und möglichst wenig (aber dennoch effektiven) Einstellmöglichkeiten bin, wie sie z.B. im Vergleich der Trace Elliot V-Type Preamp oder ein H&K BassMaster bieten, schreckten mich die vielen vorhandenen Potis bei fast allen Eden-Amps ab, die den ganzen Amp, zumindest auf Promo-Foto, unübersichtlich erscheinen ließ. Na ja, das Design ist auch nicht sooo mein Ding...

Durch Zufall konnte ich jedoch einen sehr günstigen Eden WP100 ergattern und ich somit erstmals einen Eden (Pre-) Amp spielen.

Übersicht

  • Bauform: 19" Alublechgehäuse, 2HE
  • Technik: Röhre (1x 12AX7) / Transistor
  • Einbautiefe: 235 mm
  • Klangregelung: Bass, 3x semiparam. Low/Mid/High, Treble Enhance
  • Eingänge: Klinke (aktiv/passiv), Stereo Aux (Klinke)
  • Ausgänge: Tuner, 2x Line Out, 2x Main DI Out (XLR), Recording DI Out (XLR)
  • Effektwege: Mono Seriell (pre EQ), Mono Parallel, Stereo seriell (post EQ) 
  • Gewicht: 4,1 kg
  • Sonstiges: Fußschalter, OnBoard Kompressor

Konzept & Sound

Hält man den WP-100 in den Händen, fällt zuerst das hohe Gewicht auf. Als Gehäusematerial wird sehr dickes Aluminiumblech verwendet, ergänzt durch Stahlblech beim Gehäusedeckel und bei den Rackwinkeln. Ein Blick ins Innere Verrät: Es ist kein reinrassiger analog aufgebauter Verstärker. Na ja, alleine die Vielzahl von Potis, Knöpfen und Ausgängen legt die Vermutung nahe, dass das nicht alles ohne Transistortechnik möglich ist.

Die Bedienelemente kurz erläutert:

Für den Anschluss des Basses steht ein Klinkeneingang zur Verfügung. Hierbei wird nicht zwischen aktiven und passiven Bässen unterschieden, da die Eingangsempfindlichkeit mit 'Gain' geregelt wird. Mit'Tube' wird die Aussteuerung der Röhre im WP-100 eingestellt. Dieses geschieht recht feinfühlig, nur leichte Zerrsounds sind damit möglich. Besonders erfreulich: Die Regelung wirkt sich nicht auf die eingestellte Lautstärke des Preamps aus, so dass nicht nach einer Einstellung am Tube-Poti nicht weiter nachgeregelt werden muss. Mit dem schaltbaren 'Enhance' können die Mitten stufenlos abgedämpft werden, wobei gleichzeitig die Bässe und Höhen betont werden. In Verbindung mit der Tube-Steuerung sind so "bauchige" Röhren-like-Sounds möglich.
Ob der mit "Studio Quality Compressor" betitelte schaltbare OnBoard Kompressor hält, was er verspricht, vermag ich nicht zu sagen. Nur soviel: Dank der Möglichkeit, den Einsatzpegel und das Kompressionsverhältnis bestimmen zu können, bietet dieser Kompressor schon mehr, als so manche andere OnBoard Kompressoren. Er arbeitet unauffällig, verrichtet aber dennoch effektiv seinen Dienst. Ich arbeite lieber mit einem TC Electronic Triple C Kompressor und aktiviere den Kompressor des WB-100 eher selten.

Gewöhnungsbedürftig ist die Equalizer-Sektion des Eden Preamps. Bässe (30 Hz) und Höhen (12 kHz) können per Poti um 15dB gehoben/gesenkt werden, für die Mitten steht eine 3-Band semiparametrische Regelung zur Verfügung. Die Mitten werden in 3 Bänder aufgeteilt: 30 Hz-300 Hz; 200 Hz-2 kHz und 1.2 kHz -12 kHz. Die eingestellte Frequenz kann jeweils um +/- 15 dB betont bzw. gedämpft werden. Hat man sich erstmal an die Arbeitsweise eines semiparam. Eqs gewöhnt, kann aufgrund der sinnvollen Aufteilung der Frequenzbänder die gesamte Soundeinstellung über diesen hier erfolgen. Zur Anpassung an die Raumakustik benutzt man dann nur noch den 'Bass' und den 'Treble' Regler.

Mit der Schalttaste 'Turbo Boost' wird der Gesamtpegel um 10 dB angehoben. Für meinen Geschmack kann das aber manchmal zuviel des Guten sein...

Der Preamp ist Bi-Amp fähig. Diese Funktion wird über eine kleine Schalttaste aktiviert. Die Trennfrequenz kann zwischen 120 Hz und 1.2 kHz mit 'Cross Over' gewählt werden. Mit 'Balance' können Lautstärke-Sprünge zwischen der Low- und High Box ausgeglichen werden. Diese Regelung greift aber recht drastisch ein, so dass kleine Regelwege schon sehr große Änderungen bewirken. Zudem sollte man recht vorsichtig mit dieser Balance-Funktion umgehen, da man den Low-Bereich i.d.R. zu "leise" empfindet. Im Gesamtmix kann eine mehr in Richtung Low-Bereich eingestellte Balance schnell mal ein dröhnen und wummern zur Folge haben.

Hilfreich kann es sein, z.B. zu Übungszwecken einen MP3-Player o.ä. an den Preamp anzuschließen. Man benötigt keine zusätzlichen Boxen und kann zur Musik üben. Die Lautstärke des angeschlossenen Gerätes wird über 'Aux In' geregelt. (Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass über Bassboxen kein Hi-Fi-Sound zu erreichen ist...)

'Side Chain'
 ist verantwortlich für die Regelung der Lautstärke des parallelen Effektweges. Dies ist sehr nützlich, wenn man z.B. Effekte nur minimal im Verhältnis zur Lautstärke des eigentlichen Preamp-Sounds einblenden möchte.
Eine Limiterfunktion zum Schutz von angeschlossenen Endstufen (und Boxen!) kann ebenfalls per Schalttaste aktiviert werden.

Hilfreich bei der Aussteuerung des Preamps kann die 7-stellige Stereo LED-Anzeige sein.

Etwas unübersichtlicher als bei anderen Preamps gestaltet sich die Rückseite des WP-100 (von links nach rechts erläutert):

Der Preamp besitzt 16 (!) Anschlüsse auf der Rückseite, was im ersten Moment ein wenig übertrieben wirkt. Kommen doch andere ebenso gute Preamps z.B. auch mit nur drei Ausgängen aus. 
Der zunächst für mich wichtigste Anschluss um den Preamp an einer Endstufe betreiben zu können, ist der 'Main Output'. Da der Eden die Möglichkeit bietet, Stereo-Effekte (z.B. einen Chorus) in den Effektweg zu legen, ist auch der Main-Output als Stereo-out angelegt. Wird jedoch "nur" ein Bass am vorderseitigen Input angeschlossen, wird an beiden Ausgängen das gleiche Signal wiedergegeben.
Wie schon erwähnt, kann man z.B. zu Übungszwecken einen MP3-Player an den Preamp anschließen. Dazu stehen zwei 6.3 mm Klinkenstecker für den linken und rechten Eingang zur Verfügung. Besser wäre hier die Platzierung eines 3.5 mm oder 6.3 mm Stereoklinkeneingangs, damit man nicht auf ein Y-Kabel zurückgreifen muss.
Um mögliche Brummschleifen zu unterbrechen bietet der WP-100 zwei 'Ground Lifts'. Der erste wirkt bei den 'Main-Outputs', der zweite wirkt sich auf den 'Record DI Out' aus.

Insgesamt stehen drei Effektwege zur Verfügung. Den Anfang macht ein Stereo-Effektweg (seriell) zum Anschluss von Stereoeffekten. Dieser Effektweg wird hinter dem Equalizer wieder zusammengeführt. Der zweite Effektweg ist der 'Side Chain'-FX Loop, welcher parallel zum Signal des WP-100 geführt wird. Mit dem frontseitigen 'Side Chain' Level Poti kann die Lautstärke dieses Effektweges angepasst werden. Der Side Chain Effektweg wird vor dem EQ abgegriffen und bleibt demzufolge von Einstellungen am Equalizers unberührt. Dieser Effektweg ist zudem mit einer Frequenzweiche ausgestattet: Nur Frequenzen oberhalb 400 Hz werden verarbeitet.
Anders beim nächsten Effektweg (seriell), dem 'Pre Effects Loop'. Wie es der Name schon verrät, liegt dieser Loop vor dem Equalizer des Preamps. Sämtliche Einstellungen an diesem wirken sich auch auf den Effektweg aus.
'Tuner out' ist selbsterklärend: Hier liegt ständig ein Tonsignal an, welches z.B. einem Stimmgerät zur Verfügung steht.

Zwei symmetrierte DI-Outs können zum Anschluss an eine PA o.ä. verwendet werden: Zum 'Recording DI-out' können per Schalttaste (frontseitig) der Kompressor und/oder der Equalizer aktiviert werden. Der Level dieses DI-Outs wird mit dem vorderseitigen 'DI-Level' geregelt.
Die Lautstärke des Stereo 'Main DI' ist abhängig von der gewählten Masterlautstärke. Dies finde ich nicht sooo günstig, da Veränderungen der Lautstärke am Preamp sich auch auf die PA auswirken.

Die Funktionen Mute, Kompressor (on/off), Enhance (on/off) und Turbo Boost können per Fußtaster aktiviert werden. Der Fußschalter wird per Midi-Kabel an den Preamp angeschlossen. Besser würde ich die Möglichkeit finden, den parallelen Effektweg per Fußschalter aktivieren/deaktivieren zu können.

Der Eden Preamp klingt so, wie man es von Eden Amps erwartet: Sehr clean. Auch in den aberwitzigsten Einstellungen wird der angeschlossene Bass sauber und unverfälscht wiedergegeben, insgesamt wirkt der Klang "aufpoliert". Dem einen oder anderen könnte dies zu Hi-Fi mäßig sein. Abhilfe soll hier die Verwendung einer Röhre schaffen. Bei Verwendung der 'Tube' Schaltung wird dem Sound lediglich ein wenig "knusper" beigemischt, auf keinem Fall wird der Sound verzerrt wiedergegeben. Hier wurde bei der Schaltung der einen Vorstufenröhre kein Wert auf "Röhren-Like"-Sound gelegt, man wollte wohl eher einen super weichen und dezenten Overdrive damit schaffen. Erfreulich ist, dass die Einstellungen am Tube-Poti keine Auswirkungen auf die Masterlautstärke haben, wie es manchmal bei anderen Preamps vorkommt.
Sehr gut gefällt mir die 'Enhance' Regelung. Sie entspricht in der Wirkungsweise der Aural Enhancer Schaltung der SWR Amps: Die Mitten werden leicht abgedämpft, während Bässe und Höhen im gleichen Maße betont werden. M.E. ist dies eine gute Möglichkeit, dem ansonsten knallharten und direkten Grundsound des WP-100 entgegen zu wirken. Der Sound wird ´nen Tick "runder" und "träger".
Der Equalizer ist durch seine Aufteilung in "herkömmlich" und "semiparametrisch" ein wenig gewöhnungsbedürftig und verlangt daher Einarbeitungszeit. Es sind jedoch schnell brauchbare Sounds gefunden, man darf nur nicht alle Frequenzbänder gleichzeitig verstellen...

Fazit

Der Eden WP-100 ist ein edel verarbeiteter und absolut klangneutraler Preamp, welcher aufgrund seiner reichhaltigen Ausstattung viele Bassisten ansprechen könnte. Wäre da nicht sein recht hoher Preis (aktuell ca. 800 Euro) und sein Seltenheitswert auf den Gebrauchtmärkten. 
Wie schon oben geschrieben bevorzuge ich eher Preamps mit simplen aber effektiven Einstellungsmöglichkeiten. Hat man sich erst mit den Möglichkeiten des Eden Preamps vertraut gemacht, stehen viele Klangvariationen zur Verfügung. Alles neutral eingestellt, klingt der Preamp auch wirklich neutral, ohne den Grundsound des Basses zu färben. Auch keine Selbstverständlichkeit bei der Verwendung von Preamps. Ich verliere mich jedoch immer wieder in den vielen Einstellungen des Preamps, da man ja vielleicht noch ein Quäntchen "mehr" rausholen könnte.
Die zehn permanent leuchtenden LEDs unterhalb des Bedienfeldes lassen zwar die Bedienung auf dunklen Bühnen zu, wirken jedoch auf Dauer ein wenig "billig".

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