Traynor DB800H

Seit 1963 stellt der kanadische Hersteller Traynor Verstärker her, die in Nordamerika eine kleine und treue Fangemeinde gefunden haben, außerhalb des amerikanischen Kontinents jedoch eher wenig Beachtung fanden. Gerade mal der YBA200 konnte in Europa in größeren Stückzahlen verkauft werden, der Nachfolger YBA300 hatte es dagegen schon etwas schwerer. Kurzum haben viele Vertriebe Traynor wieder aus ihrem Sortiment gestrichen. Eigentlich schade, denn Traynor steht für solide und robust gebaute Verstärker, die (noch) nicht irgendwo in Asien hergestellt werden, sondern immer noch in Kanada produziert werden.

Traynor hatte neben den bereits erwähnten Röhrenamps auch eine kleine Palette unterschiedlich leistungsstarker Transistoramps im Angebot, die leider noch weniger Beachtung fanden. Der folgende DB800H stellte mit einer Leistung von 800 Watt das "Flaggschiff" dar...

Übersicht

  • Bauform: 19" Topteil im Metallgehäuse
  • Technik: Hybrid
  • Maße: 440 x 140 x 330 mm (BxHxT)
  • Gewicht: 14 kg
  • Klangregelung: 5-Band EQ, semipara. Mitten, Scoop, BassResonance 
  • Leistung: 800 Watt / 4 Ohm - 600 Watt / 8 Ohm
  • Eingänge: Hi/Lo Klinke 
  • Ausgänge: Speaker (Klinke/Speakon), AmpIn (Klinke), FX Send/Return (Klinke)

Konzept

In Zeiten, in denen der Trend zu "klein & leicht" geht, stellt der Traynor mit seinem Gewicht von knappen 14kg ein krasses Gegenteil dar. Seine Leistung von 800 Watt (4 Ohm), verpackt in einem 19" Stahlblechgehäuse mit einer Höhe von 3 HE, sind in Zeiten der winzigen und leichten Class-D Amps keine Seltenheit mehr.

Ein großzügig dimensionierter Ringkerntrafo, dicke Elkos und die aktive Kühlung der Leistungstransistoren benötigen Platz und wurden so maßgeblich bei der Dimensionierung des Gehäuses berücksichtigt.  

Zwei 8cm Fans sind für die Kühlung der Leistungstransistoren zuständig. Anders als so mancher gerne in Class D Amps verwendeter 4cm Luft-Quirl, arbeiten diese Fans nahezu geräuschlos. Die Lüfter sind in ihrer Drehzahl Temperatur-gesteuert. Sie laufen sanft an und erst wenn der Amp höhere Temperaturen entwickelt, laufen sie in höherer Drehzahl. Aber selbst dann sind die Lüfter (fast) nicht zu hören.

 

Folgende Bedienelemente wurden großzügig auf der Frontplatte angeordnet:

Zum Anschluss eines Basses stehen zwei Klinkeneingänge zur Verfügung, 0 dB für passive Bässe und -6 dB für aktive Bässe. Mit Gain wird die Eingangsempfindlichkeit geregelt. Mit einem Druckschalter kann gewählt werden, ob eine Röhre des Typs 12AX7 im Signalweg liegen soll oder ob man rein Transistor-verstärkt spielen möchte.

Mit Distortion kann der Grad der Zerre eingestellt werden. Per Taster oder Fußschalter kann der Overdrive aktiviert werden. Mit einem weiteren deutlich kleinerem Poti Distortion Mix kann der Overdrive zum cleanen Basssignal stufenlos gemischt werden.

Man hat dem DB800H einen always-on Kompressor spendiert. Einzig der Threshold kann mit einem Compressor-Poti gewählt werden. Attack, Release und Ratio (2:1) sind fest eingestellt. Sobald der gewählte Threshold überschritten wird, leuchtet eine rote LED. Der Kompressor arbeitet sehr unauffällig, großartige Soundunterschiede sind nicht zu bemerken.

 

Der 5-bändige Equalizer des Amps ermöglicht viele unterschiedliche Sounds:

Neben einem Band für Bässe, LowMid, HiMid und Treble kann ein Mittenband semiparam. gewählt werden. Mit einem kleinen Poti kann eine Centerfrequenz zwischen 150 Hz und 15 kHz eingestellt werden, mit dem größeren Poti können diese Frequenzen um +/- 15 dB gesenkt/geboostet werden. 

Mit Scoop ("Badewannen-Preset") kann die Intensität der Absenkung der Mitten (bei 400 Hz) bei gleichzeitiger Anhebung der Bässe und Höhen eingestellt werden.

Mit einem zuschaltbaren Limiter können Pegelspitzen begrenzt werden. Die Einsetzschwelle ist jedoch fest vorgegeben und kann nicht verändert werden.

Eine letzte Klangregelung kann mit Bass Resonance erreicht werden. Mit diesem Poti kann der Dämpfungsfaktor eingestellt werden.

Effects regelt das Verhältnis des am Effekt-Return anliegenden Signals zum trockenen Eingangssignal.

 

Die Rückseite des Amps ist verhältnismäßig aufgeräumt:

Boxen können per Speakon oder Klinkenanschluss angeschlossen werden. Die Mindestimpedanz des DB800H beträgt 2 Ohm, was vielfältige Boxenkombinationen erlaubt.

Weiterhin stehen ein always-on TunerOut, Effekt Send und Return, ein Amp In sowie ein XLR-LineOut (pre/post frontseitig schaltbar) zur Verfügung.

Sound

Das Teil ist laut! Das war mein erster Eindruck, als ich den DB800H das erste Mal in Betrieb nahm und die ersten Noten spielte. Mit dem Gain- und dem Masterregler muss sehr feinfühlig umgegangen werden, da ansonsten abartige Lautstärken drohen, die so manche "Pappe" an ihre Grenzen bringen könnte.

In Equalizer-Neutralstellung bietet der Amp einen soliden und ausgewogen klingenden Grundsound. Ein gesunder Bassanteil mischt sich mit deutlichen Mitten und feinen Höhen. Keine Frequenz scheint sich in Vordergrund drängen zu wollen. Der Sound ist sehr durchsetzungsfähig und neigt nicht dazu, dröhnend und mulmig zu werden.

Die Bänder des Equalizer sind sehr gut gewählt, brauchbare Einstellungen des Wunschsounds sind schnell gefunden. Wie bei vielen anderen Amps auch, finde ich die Möglichkeiten semiparam. Mitten wählen zu können, mehr als hilfreich. Wobei hier beim Traynor die Breite der einstellbaren Centerfrequenz sehr weit gewählt wurde. Das hat zur Folge, dass mit dem kleinen Centerfrequenz-Poti ebenfalls sehr feinfühlig umgegangen werden muss, da kleine Regeländerungen große Soundunterschiede zur Folge haben können. Ich spiele gerne mit einem aktiviertem "Badewannenpreset". Wie schon beim Traynor YBA-200 finde ich jedoch die Betonung der Höhen zu stark betont, so dass mit dem Treble Poti "nachgebessert" werden muss, um einen passablen Ton zu finden, bei welchem die Höhen nicht zu vordergründig erscheinen.

Gleich vorneweg: Ich bin kein großer Fan von Zerr-Sounds. Ich mag, wenn überhaupt, leichten "Knusper", mehr jedoch nicht. Beim DB800H kann ein Overdrive aktiviert werden, dessen Spektrum halt von "leicht knusprig" bis "hartes Brett" reicht. Ist Distortion aktiviert kommt es unweigerlich zu einem Lautstärkesprung, den man leider nur durch Rücknahme des Zerrgrades wieder ausgleichen kann. Mit dem Distortion Mix - Regler kann das Verhältnis Zerrsound/Cleansound geregelt werden. Also über "verlorenes Fundament" kann man dann nicht mehr klagen, das bietet der DB800H in Hülle und Fülle.

Der Kompressor sowie der schaltbare Limiter arbeiten fast unhörbar.

Fazit

In Zeiten kleiner und leistungsstarker Class D Amps erscheint der Traynor DB800H wie ein "Dino". Schwer, kantig und groß kommt er daher. Jedoch mit einer Leistungsentfaltung, die ein Class D Amp mit gleicher Leistungsangabe nicht so überzeugend an den Tag legen kann.