Music Man 120B

Dass Music Man ein Hersteller von Gitarren und Bässen ist, mag vielen Musikern bekannt sein. Dass Music Man auch Amps herstellte, wird einigen wenigen bekannt sein. So haben sich z.B. der Sixty Five, der One Thirty oder auch der One Fifty einen guten Ruf insbesondere im Gitarristenlager erarbeiten können.

Die speziell für die Bedürfnisse von Bassisten ausgelegten Amps aus dem Hause Music Man sind eher unbekannt geblieben. Das mag u.a. daran liegen, dass diese erst kurz vor der Übernahme der Marke durch Ernie Ball und der damit einhergehenden Einstellung der Amp-Produktion auf den Markt kamen und sich daher noch nicht wirklich etablieren konnten.

Ist der Music Man 100B noch als Hybridverstärker ausgelegt, so setzte man beim 120B rein auf Transistoren. Dieser Head ist ebenfalls in den Combos 112B und 115B verwendet worden, dort trägt er dann die Bezeichnung "One Twenty". 

Übersicht

  • Bauform: Verstärker im Holzcase
  • Technik: Transistor
  • Maße: 450 x 230 x 200 mm (Breite x Höhe x Tiefe)
  • Gewicht: 16 kg
  • Leistung: 120/80 Watt an 4/8 Ohm
  • Eingänge: Klinke
  • Ausgänge: Speaker (Klinke)
  • Klangregelung: Treble, Bass, 5-Band EQ (schaltbar)
  • Sonstiges: Limiter, FX-Loop

Konzept

Für das robuste und Road-taugliche Holzcase wurde 19 mm starkes Schichtholz verwendet, das verwendete Tolex zeigt auch nach knappen 35 Jahren nur wenige Gebrauchsspuren. Lediglich die Metallecken sind mit einer leichten (Rost)-Patina überzogen. Dies scheint bei Music Man Amps aber "normal" zu sein. Bei allen mir bekannten Music Man Amps waren diese "Altersspuren" vorhanden.

Mit knappen 16 kg würde man den 120B heutzutage im Class D Zeitalter schon als "schwer" bezeichnen, vor 35 Jahren war dies ein Leichtgewicht. Ein oberseitig angebrachter Tragegriff erleichtert den Transport des Verstärkers, welcher über vergleichsweise kompakte Abmaße verfügt.
Ebenfalls erstaunlich: Bei allen von mir getesteten Music Man Amps aus den 80ern funktionieren die Potis ohne Krachen/Kratzen, wie man es von so manchen Amp jüngeren Datums gerne kennt.

Für das Chassis wurde stabiles 2 mm starkes und verwindungssteifes Blech verwendet. Die Leistungstransistoren sind in großen Kühlkörpern untergebracht, das Netztrafo vermittelt aufgrund seiner schieren Größe den Eindruck, dass es großzügig dimensioniert wurde.

 

Wie schon geschrieben, ist keine Röhre weit und breit zu erkennen:

 

Wie schon beim 100B ist der Preamp des 120B ebenfalls einkanalig aufgebaut. Zum Anschluss des Basses steht eine Klinkenbuchse bereit, auf eine getrennte Gain-/Master-Regelung wurde verzichtet.

Ein in zwei Stufen schaltbarer Limiter dämpft allzu hohe Pegelspitzen, ein 2-Band EQ mit Treble (@5 kHz) und Bass (@60 Hz) dient zur ersten groben Klangregelung.

 

Interessanter wird es mit dem schaltbaren 5-Band Equalizer:

 

 

Die Centerfrequenzen sind mit 67 Hz, 184 Hz, 510 Hz, 1,4 kHz und 3,8 kHz zielen eher auf die Einstellung des Mittenbereiches. Die Bänder sind so gewählt, dass es zu keinerlei großartigen Überlappung mit der ersten Klangregelung kommt, so dass letztendlich 7 gleichwertig arbeitende EQ-Bänder zur Verfügung stehen. Wie wichtig ein derart abgestufter Equalizer für die Soundgestaltung sein kann, zeigt sich, wenn man den 5-Band EQ per Kippschalter deaktiviert. Der Sound wird deutlich "blasser" und verliert Volumen.

 

Ein satt einrastender Power-Schalter und eine Betriebsleuchte runden das "Vintage" Bild des Amps ab.

 

Auf der Rückseite des Amps sind lediglich die Anschlüsse für die Boxen und für den Effektweg vorhanden.

 

Sound

Einer meiner ersten Bassamps war ein günstig erworbener Music Man 120B. Aus der Überzeugung heraus, dass nur Vollröhren- oder Hybridamps einen weichen/warmen Klang erzeugen können, verkaufte ich den 120B nach recht kurzer Zeit wieder, nur um mir besagte Röhrenamps zu kaufen. Viele Jahre später kam ich immer mehr zu der Erkenntnis, dass der 120B eigentlich genau den Sound bot, den ich mit den Vollröhrenkisten erreichen wollte. Dass reine Transistorverstärker ebenfalls knallhart bis butterweich klingen können, ohne dabei den Ton steril oder kalt wirken zu lassen, haben ja mittlerweile einige andere Hersteller bewiesen.

 

In EQ-Neutralstellung geht der Grundsound des 120B eher in Richtung Mitte mit Tendenz zu den Hochmitten. Bemüht man jedoch den sehr geschmackvoll abgestimmten Equalizer, ist ein ausgewogenes Klangbild mit tiefen definierten Bässen und brillianten Höhen ebenfalls möglich. Generell lässt sich der Amp sehr gut in jede gewünschte Soundrichtung "verbiegen", solange diese im cleanen Bereich liegen. Denn diesen Bereich verlässt der Music Man 120B nie.

 

Erstaunlich finde ich, wie laut sich dieser Amp trotz seiner nach heutigen Maßstäben eher lächerlich wirkenden Leistung von knappen 120 Watt im Bandkontext durchzusetzen vermag. Ich spiele diesen Amp an zwei angeschlossenen 410ern und hatte bisher nicht das Gefühl, dass ich den Amp an seine Leistungsgrenzen getrieben habe. 

Fazit

Wie der Music Man 100B wurde auch der 120B nur in einem sehr kurzen Zeitraum hergestellt und verkauft. Nur wenige Exemplare haben den Weg nach Europa gefunden. Daher sind sie nur sehr selten (noch seltener in der europäischen 230 Volt Version) auf den Gebrauchtmärkten zu finden

 

Mit dem BH500 hat Music Man gewissermaßen mit zeitgemäßer Technik versucht, den 120B wiederzubeleben. Am Beispiel des 120B wird aber deutlich, wieviel der "alten" Technik am Gesamtsound des Amp verantwortlich ist. Im Vergleich beider Amps klingen sie einfach zu unterschiedlich.