Genz Benz Streamliner 900

Die Marke Genz Benz ist in Europa eher wenigen Bassisten bekannt. Bekannter wurde der Name aufgrund der Tatsache, dass die Firma Fender Genz Benz aufgekauft hat und später beschlossen hat, die Produktlinie einzustampfen. Ein Abverkauf bei nahezu allen Musikalienhändlern begann und es waren durchaus sehr gute Schnäppchen zu erzielen. Die Lobeshymnen auf Genz Benz Amps wurden immer lauter. Na ja, zu spät, oder? 

Als bekennender Vollröhrensammler- und spieler ist mir das Gewicht meiner Amps (fast) egal. Nur manchmal, nach besonders langen Gigs, die bis spät in die Nacht reichten, ertappte ich mich bei dem Gedanken daran, einen Amp zu besitzen, den man einfach in eine kleine Tasche steckt, fertig! 

Mittlerweile bieten ja fast alle namhaften Amp-Hersteller auch einen (oder mehrere) s.g. Micro-Amps an. Fast allen gleich ist die Verwendung einer Class-D Endstufe zur Gewichtsersparnis, die größten Unterschiede kann man bei der Gestaltung des Preamps ausmachen. Einige setzen auf rein SolidState-Preamps, einige setzen aber auch hier auf s.g. Hybrid-Technik und setzen Röhren in ihren Preamps ein. 
In die engere Auswahl kamen ein TC Electronic RH750, ein Gallien-Krueger MB Fusion und der Genz Benz Streamliner. Der RH750 besticht durch eine reichhaltige Ausstattung und speicherbare Presets, der MB Fusion und der Streamliner interessierten mich vor allem durch die relativ einfach anmutende Bedienung. Als nicht gerade großer Gallien-Krueger Fan und durch die "günstig" wirkende Optik des MB Fusion entschloss ich mich, es mal mit den Genz Benz zu versuchen...

Der Amp

  • Bauform: Topteil im Metallgehäuse
  • Technik: Röhre/Transistor
  • Maße: 255 x 80 x 300 mm (BxHxT)
  • Gewicht: 3,2 kg
  • Röhrenbestückung: 3 x 12AX7
  • Leistung: 900 Watt an 4 o. ca. 600 Watt an 8 Ohm
  • Eingänge: Instrument (Klinke), AUX in (Klinke)
  • Ausgänge: Speaker (Speakon), Headphone (Klinke), DI-Out (XLR)
  • Klangregelung: Bass, Mitten, Höhen

Konzept

Mit knappen 3 kg gehört der Streamliner nicht zu den leichtesten und kompaktesten Micro-Amps, was u.a. an der Verwendung von recht dickem Metall für das Gehäuse liegen mag. Das verwendete Material, die sorgfältig abgerundeten Gehäusekanten, dicke (stabile) Metallpotiknöpfe tragen dazu bei, dass der Amp insgesamt einen "wertigen" Eindruck hinterlässt.
Seitlich des Gehäuses befinden sich jeweils die Öffnungen für die Lüfterkühlung. Wie bei anderen Micro-Amps auch, wird ein Lüfter mit ca. 4 cm Durchmesser verwendet. Bei meinem SWR Amplite oder meiner Synq-Endstufe empfand ich diese Lüfter, die ständig unter Volllast liefen, tlw. sehr nervig. Genz Benz setzt hier auf eine temperaturabhängige Lüftersteuerung, so dass beim Einschalten des Amps außer dem Anlaufgeräusch erstmal nichts vom Lüfter zu vernehmen ist. Auch nach längerer Nutzung wird der Amp höchstens handwarm und der Lüfter bleibt erstaunlich leise.


Die Eingangs erwähnte schlicht anmutende Bedienung des Amps erfolgt durch:


Für den Anschluss des Basses steht eine Klinkenbuchse zur Verfügung. Auf eine Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Bässen wird verzichtet. Eine Anpassung der Eingangsempfindlichkeit erfolgt durch Gain. Ein Druckknopf bietet die Möglichkeit, den Amp in Spielpausen etc. stumm zu stellen. Mit dem Druckknopf Gain kann der Preamp "heißer" gefahren werden, das Eingangssignal wird deutlich höher verstärkt.
Der Regler Volume stellt eine sinnvolle Erweiterung der Eingangsregelung dar. Mit diesem Poti kann die Lautstärke nach dem Equalizer und vor der Endstufe angepasst werden. Bei einigen Amps (z.B. Fender Bassman 300 Pro) wird so eine Regelung hinter Gain verwendet, um z.B. Lautstärkesprünge bei der Verwendung eines zweiten Preamp-Channels, z.B. eines Overdrive-Channels, auszugleichen. Beim Streamliner wirkt sich die Volume-Regelung auch beim nicht aktivierten Gain-Preset aus.


Der Equalizer des Streamliners sieht einfach aus, hat es aber in sich. Die Bässe (+/- 12 dB cut/boost bei 55 Hz) und die Höhen (+8/-12 dB cut/boost bei 4 kHz und +/- 12 dB bei 12,5 kHz) werden über passive Shelving-Filter geregelt, die Mitten werden mit wählbarer Mittenfrequenz geregelt (+/- 12 dB cut/boost bei 220 Hz, 600 Hz oder 2,5 kHz).
Was die Einstellung des EQ so schwierig macht ist die Tatsache, dass die Eingangs-Gain Regelung einen großen Einfluss auf die nachfolgende EQ-Stufe zu haben scheint. So gibt es große Klangunterschiede bei aktivem / nicht aktivem Gain-Preset un ein und derselben EQ-Einstellung.


Drei LEDs sollen dazu dienen, zum einen auf den aktiven Zustand des Amps hinzuweisen (POWER), dass der Amp kurz vorm Clipping steht (PEAK) oder dass er sich im PROTECT-Modus befindet. Der Protect-Modus wird gleich mit dem Einschalten des Amps für etwa 15 Sekunden aktiviert.


Zum Anschluss von Boxen sind zwei Speakon-Buchsen vorhanden. Diese liegen sehr dicht beieinander, so dass es bei der Verwendung von einigen dickeren Speakonsteckern Probleme geben kann, dass diese überhaupt zeitgleich passen... Ebenfalls ein sinnvolles Feature: Die Möglichkeit einen Kopfhörer anschließen zu können. So kann der Genz Benz auch als Übungsamp zu Hause verwendet werden, ohne dass die Nachbarn oder die Mutti sich beschweren bzw. beschwert.


Wie bei nahezu allen Amps mit FX-Loop kann auch hier der FX-Return genutzt werden, um dem Streamliner als Poweramp zu nutzen.
Der AUX-in zum Anschluss von externen Musikquellen (z.B. iPod etc.) ist eine sinnvolle Erweiterung in Verbindung mit dem Headphone-Out zum "leisen-zu-Hause-üben".
Der Tuner-Out ist stets "on".


Der DI-OUT kann mittels Schiebeschalter pre/post Equalizer abgegriffen werden, ebenso kann zwischen Line- oder Micro-Level gewählt werden. Und wie bei fast allen DI-Outs auch, kann ein Groundlift zur Vermeidung von Brummschleifen aktiviert werden.

Sound

Ich war ehrlich gesagt ziemlich enttäuscht vom Streamliner 900. Nach anfgänglicher "Auspack-Begeisterung" stellte ich schnell fest, dass der Amp irgendwie total "muffig" und viel zu basslastig klang. Ich bin davon ausgegangen, dass bei 12 Uhr-Stellung des Equalizers eine Flat-Einstellung vorhanden ist. Nööö, das ist sie nicht. Denn so eingestellt dröhnt der Amp die gesamte Bude zu. Das gesamte Soundspektrum scheint irgendwo im Bassbereich zu liegen. Höhen und Mitten / Hochmitten waren nicht vorhanden. Also ging die Suche nach einer möglichst neutralen EQ-Einstellung los. Ich habe sie bis heute nicht (wirklich) gefunden. Der Klang des Amps ist weit abhängig von der Stellung des Gain-Reglers. Kleinere Veränderungen hier haben größeren Einfluss auf den Sound. Mit höherer Gaineinstellung lichtet sich die überdimensionierte Basslastigkeit des Amp und der Equalizer scheint etwas offener zu werden, d.h. dass feinere Abstimmungen möglich sind. Bei geringen Gain-Einstellungen habe ich das Gefühl, dass die Regelwege des Equalizer viel kürzer sind und somit geringere Abweichungen einstellbar sind.
Es hat schon Gigs gegeben, an denen ich den Bassregler quasi auf Null gestellt habe und trotzdem lag ein fetter "Bassteppich" vor. Der Höhenregler scheint auf der Hälfte des ersten Regelweges wenig Auswirkungen zu haben. Ab 12 Uhr Stellung sind jedoch feine bis spitze Höhen einstellbar.
Die Mittenregelung finde ich mittlerweile richtig gut. Anfangs dachte ich schon, dass diese an meinem Amp nicht so richtig funktioniert. Denn die oben beschriebene Auswirkung des Gains macht sich insbesondere auf die Mittenregelung bemerkbar. Sehr gut funktioniert sie (wie der gesamte EQ) bei hohen Gaineinstellungen. Mit dem Streamliner sind durchaus harmonisch klingende, anschlagdynamische Zerrsounds möglich. Ich bin jedoch eher ein Liebhaber des Clean-Sounds und so heißt es, eine möglichst hohe Gain-Einstellung zu finden, bei welcher der Sound aber clean bleibt. Durch das "bändigen" des hohen Eingangslevels durch die "Volume"-Regelung gehen aber irgendwie wieder insbesondere Höhen verloren, der Sound wird "matter".

Fazit

Wenn man sich durch diese Einstell-Orgie durchgekämpft hat, begeistert mich dieser Amp jedoch durch einen bulligen Sound mit starken (eher Tief-)Mitten. Der Ton klingt stets recht "weich", jedoch nicht auf Kosten des Attacks. Er passt sehr gut zu meinen mittig-drahtigen MusicMan-Bässen.

Den Hype, der nach der Einstellung von Genz Benz Produkten entstand, kann ich jedoch nicht verstehen. Die Verarbeitung ist erstklassig, der Sound nach einigen Hürden amtlich, jedoch würde ich den Amp jetzt nicht in "besser als..." oder "der beste..." einstufen. Er steht in einer Reihe mit anderen ebenfalls sehr guten Amps, mehr nicht.

Mittlerweile habe ich mich mit der etwas aufwendigeren Klangregelung des Amps angefreundet und ich setze den Amp gerne als "kleines Besteck" ein...

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