Es gibt nur wenige Amps, die mir "Angst" machen. Dazu zählen u.a. der Sunn 1200S und der Trace Elliot V8. Warum?
Diese Amps strotzen nur so vor Leistung. Wenn man diese Amps selbst in lauten Kapellen spielt, könnte man meinen, dass sie quasi im "Standgas" laufen. Egal wie hart man in die Saiten greift, ein Ende nach oben ist nicht zu spüren.
Den Ampeg SVT-4 Pro zähle ich jetzt auch dazu.
Ganze 3 Höheneinheiten und 38cm Tiefe beansprucht der SVT-4 Pro in einem Rack. Als Gehäusematerial wurde auch hier dickes und verwindungssteifes Blech verwendet. Für die Frontplatte wurde eine noch stärkere Materialdicke gewählt, damit eine sichere Rackaufnahme gewährleistet ist. Der Amp kann durchaus auch ohne Rack transportiert werden. Dazu können zwei stabile Griffe auf der Frontseite des Amps genutzt werden (Die Griffe dienen gleichzeitig auch als Schutz der vorstehenden Bedienelemete auf der Vorderseite). Dicke Gummifüße auf der Unterseite und auf der Rückseite des Amps dienen zum sicheren Stand des Amps bzw. schützen vorstehende Elemente auf der Rückseite des Amps. Mit knappen 18 kg hält sich das Gewicht noch im transportfähigem Bereich. Sollte ein ausreichend stabiles Rack verwendet werden, kann dieses gut und gerne auch schon 8...10 kg wiegen, so das das Gesamtgewicht Amp+Rack dann schon mal in Richtung eines Vollröhrenboliden gehen kann. Röhren werden auch zur Verstärkung eingesetzt, jedoch werkeln diese nur im Preamp des Amps. Die Leistungsverstärkung übernehmen hier ganze 10 MOSFETs, die zur Ableitung der unweigerlich entstehenden Betriebswärme auf einem Kühlelement installiert wurden.
Da die rein passive Kühlung über das Kühlelement nicht ausreicht, arbeitet zur Unterstützung ein permanent laufender Lüfter mit. Großzügig dimensionierte Elkos und ein fetter Trafo sorgen für die richtige Stromversorgung des Amps, tragen aber auch zum Gewicht bei...
Die Frontplatte der Amps aus der SVT Pro Reihe ähneln sich sehr und unterscheiden sich nur in wenigen Details. So dient eine Klinkenbuchse zum Anschluss eines Basses. Die Eingangsempfindlichkeit wird mit Gain geregelt und kann per Schalttaste um 15dB abgesenkt werden. Ebenfalls per Schalttaste kann der Amp stumm geschaltet werden.
Auch hier beim SVT-4 Pro findet sich der klassische Ampeg 3-bändige Equalizer wieder.
Mit den schaltbaren Presets Bright werden die Höhen um 6 dB bei 2 kHz und mit Ultra High um 6 dB bei 5 kHz betont, während mit Ultra Low eine "Badewanne" mit +2,5 dB @ 50 Hz, -12 dB @ 560 hZ und +1,5 dB bei 5 kHz aktiviert werden kann.
Wie auch beim SVT-3 Pro kann hier ein graphischer 9-Band EQ per Schalttaste dazugeschaltet werden. Mit diesem kann in den Bereichen 33 Hz, 80 Hz, 150 Hz, 300 Hz, 600 Hz, 900 Hz, 2 kHz, 5 kHz und 8 kHz der Sound deutlich beeinflusst werden.
Der Ampeg SVT-4 Pro ist Biamp-fähig. Mit Frequency wird die Trennfrequenz stufenlos zwischen 50 Hz und 1 kHz gewählt, das Lautstärkeverhältnis zwischen beiden getrennten Frequenzen wird mit einem Balance-Poti eingestellt.
Der Amp verfügt über eine interne Limiter-Schaltung, die dazu dient, das Ausgangssignal auch bei hohen Lautstärken clean zu halten. Droht ein Endstufen-Clipping, wird die Limiterschaltung aktiv. Ist aber ein verzerrter Sound gewollt, kann man diese Limiter-Schaltung mit Limit Defeat deaktivieren.
Der Effektweg des Amps kann mit der Schalttaste Effect Bypass deaktiviert werden, während Line Out Level, der Name verrät es schon, die Lautstärke an den rückseitig angeordneten Ausgängen (balanced / unbalanced) stufenlos regelt.
Die Rückseite des Amps hat es in sich:
Ganze 23 (!) Buchsen sind hier vorhanden:
Parallel zur Frontseite kann auch rückseitig ein Tuner angeschlossen werden. Beide Ausgänge sind unabhängig vom Mute dauerhaft on. Der Effektweg ist für Mono und auch für Stereo-Effekte ausgelegt. So können die Stereokanäle links/rechts getrennt angeschlossen werden. Selbst die Line-Ausgänge (jeweils XLR und Klinkenbuchse), übrigens Transformer-balanced, sind zweikanalig ausgelegt. Möchte man auf die Stereoauslegung verzichten, kann das Ausgangssignal mono geschaltet werden. Hierbei werden aber auch die Eingänge des Effekt-Returns auf ein gemeinsames Mono-Signal gemischt. Der Line-Out kann per Schalttaste pre/post EQ gelegt werden.
Da der SVT-4 Pro intern mit zwei Endstufen arbeitet, können diese auch mit unterschiedlichen externen Quellen per Power Amp Input getrennt voneinander gespeist werden.
Wenn der Amp im Biamp-Modus eingesetzt werden soll, muss man die Line-Ausgänge für Bi-Amp „Low“ und „High“ mit den Power Amp In“-Buchsen per Klinkenkabel verbinden.
Wie bei Stereo-Endstufen üblich, sind auch hier Boxenanschlüsse separat getrennt für den rechten und linken Kanal vorhanden. Dazu stehen jeweils eine Speakon- oder zwei Klinkenbuchsen zur Verfügung. Die Gesamtimpedanz darf 2 Ohm nicht unterschreiten. Wird der Amp im Bridged-Modus betrieben (per Schalttaste aktivierbar) werden die Boxen über eine Speakonbuchse angeschlossen (Achtung min. 4 Ohm!).
Jedes mal, wenn ich leistungsstarke Amps einschalte, schiele ich mit einem Auge auf die Haus-Sicherung. Beim ersten Mal dachte ich, der Amp sei defekt, denn es tat sich nichts. Erst nach ein paar Sekunden ist ein ganz leises Klacken zu hören, welches die Betriebsbereitschaft des Amps bedeutet.
Der Radiallüfter läuft permanent und ist auch zu hören. Aufgrund dessen, dass anders als in vielen Class-D Amps deutlich mehr Platz zur Verfügung steht, kommt hier ein Radiallüfter mit großem Durchmesser zum Einsatz. Dieser muss nicht so schnell drehen, wie die kleinen Luftquirle, um genügend Luft zur Kühlung zu bewegen.
Anders als beim SVT-3 Pro muss man bei diesem Amp behutsam mit Gain und Master umgehen, da kleinere Drehbewegungen große Lautstärkesprünge bedeuten. Egal wie weit man dreht: Der Amp bleibt souverän, der Sound stets clean. Equalizer auf "flat" gespielt, ertönt ein fetter Sound, der jedoch trotzdem irgendwie "bauchig" und "weich" klingt. Keinesfalls matschig sondern klar und definiert. Zu keinem Zeitpunkt bekomme ich das Gefühl, dass der Amp sich großartig anstrengen muss, um selbst bei höheren Leistungsanforderungen diese Entspanntheit an den Tag zu legen. Den Bridged-Modus habe ich ebenfalls nicht getestet, da mir ein Mono-Betrieb bisher immer ausreichend erschien.
Vom Grundton her unterscheiden sich m.E. der SVT-3 Pro und der SVT-4 Pro nicht. Einzig die Dynamik-Reserven unterscheiden beide Amps dann doch hörbar.
Der 3-Band Equalizer greift eher gemäßigt ein, während mit dem graphischen Equalizer dann doch mehr Soundgestaltungen bewerkstelligt werden können.
Die Bi-Amp Möglichkeiten des Amps habe ich nicht getestet und kann daher auch keine Aussagen über Sounds wagen, die somit möglich wären.
Für mich stellt der Ampeg SVT-4 Pro eine leistungsgesteigerte Variante eines SVT-3 Pro dar. Beide Amps klingen ähnlich, nur bietet der 4er deutlich hörbar mehr Leistungsreserven. Selbst im "schwächeren" Mono-Betrieb habe ich nie Probleme gehabt, mich Bandsound vor allen anderen stellen zu können.
Für den Normalo-Bandalltag ist der Amp eigentlich Overkill, denn wann ruft man schon mal die mögliche Gesamtleistung ab?
01/2020