TC Electronic BAM200

Es wird die Zeit kommen und leistungsfähige Verstärker werden Platz in einem Klinkenstecker finden. Ob das eine Vision bleibt, kann ich nicht sagen. Aber ich finde es erstaunlich, wie kompakt mittlerweile Amps geworden sind. Vor ein paar Jahren dachte ich beim erstmaligen Anblick eines SWR Headlite, das kleiner nimmer geht. Er ist immer noch der kompakteste Amp, der viele nützliche Features auf engstem Raum bietet. Platzsparende Class-D Powermodule machten diese Entwicklung erst möglich. Mittlerweile ist Class-D sehr weit in der Verstärkerwelt verbreitet und hat sich trotz aller anfänglichen Unkenrufe durchgesetzt.

 

Mit dem Trace Elliot ELF wurden Bassamp noch kompakter. Der ELF zeigte, dass leistungsfähige Amps z.B. platzsparend auf einem Effektboard untergebracht werden können. Mit dem TC Electronic BAM200 wird es sogar noch ´ne Nummer kleiner.

 

Der dänische Hersteller tc electronic wurde 2015 von der Music Group übernommen. Es ist kein Geheimnis, dass hinter der Music Group die deutsche Marke Behringer steckt. Im Laufe der Zeit hat die Music Group einige bekannte Marken aufgekauft und macht sich dessen Know How bei der Entwicklung von neuen Produkten zu eigen. Diese werden in eigenen der Company gehörigen Werken in China hergestellt. Sie können äußerst kostengünstig angeboten werden, was wiederum leider zum Ruf "billig" beiträgt. Teilweise trügt der Schein, denn die Fertigungsqualität und auch die Endkontrolle wurden m.E. deutlich verbessert.

Übersicht

  • Bauform: Topteil im Metallgehäuse
  • Technik: Transistor
  • Maße: 160 x 40 x 110 mm (BxHxT)
  • Gewicht: 0,72 kg
  • Leistung: 200 Watt an 4 o. ca. 130 Watt an 8 Ohm
  • Eingänge: Instrument (Klinke)
  • Ausgänge: Speaker (Klinke), Headphone (Klinke), DI-Out (XLR)
  • Klangregelung: Bass, Mitten, Höhen

Konzept

Trace Elliot hat seinerzeit den ELF als den kompaktesten Amp ever beworben. Nun, dieser Kelch wird jetzt wohl an tc electronic weitergereicht. Die Abmaße des BAM200 unterbieten sogar die ohnehin schon sehr kompakten Abmaße des ELFen. Der Amp wiegt nur 720 Gramm und mit seinen kompakten Abmaßen passt er nun wirklich (fast) in eine Gesäßtasche.

 

Die Fertigungsqualität Made in China lässt keine Wünsche offen. Mit seinen großen, mit leichtem Widerstand laufenden Potis, einem Gehäuse komplett aus Metall gefertigt, sauber verarbeitet und ansprechend gestalteter Frontplate in gebürsteter Optik hinterlässt der Amp einen wertigen Eindruck. Natürlich bringen geringe Abmaße auch Nachteile mit sich: Die Potis liegen eng beieinander, dicke Finger könnten Probleme haben... ;)

 

Aufgrund der Abmaße wurde natürlich jeder freie Platz im Inneren des Amps genutzt: 

Anders als beim Trace Elliot ELF befindet sich das Netzteil, das Powermodul und der Preamp des Amps auf einer Platine. TC Electronic bewirbt dem Amp damit, dass ein High-Voltage MOSFET Preamp für die oft erwünschte "Röhren-Wärme" im Ton sorgen soll. Mich machen solche Ankündigungen eher skeptisch, denn warum muss jeder Amp über "Röhren-Wärme" verfügen? Na ja, offen für alle Neuerungen, teste ich einfach weiter...

Interessant finde ich auch, dass anscheinend immer mehr Hersteller ihre hauseigene Power-Module entwickeln und einsetzen. So halt auch tc electronic. Wahrscheinlich lassen sich so, unabhängig von den gängigen Power-Modulen anderer Hersteller diese Ultra-Kompakt-Konzepte besser umsetzen.

Es muss jedem klar sein, dass ein Amp dieser Größenklasse nicht über einen 10-bändigen grafischen Equalizer verfügen kann. Zur Bedienung des Amps hat man die wesentlichen Features auf dem ohnehin begrenzten Platz untergebracht. Die Frontplate ist dementsprechend übersichtlich gehalten.

 

Der Bass wird per Klinkenanschluss angeschlossen. Die Eingangsempfindlichkeit kann mit Gain eingestellt werden. Eine grün leuchtende LED SIG zeigt an, dass ein Eingangssignal anliegt. Wechselt diese LED zu rot, ist die Eingangsempfindlichkeit zu hoch gewählt.

 

Der Equalizer ist exakt wie der des ELF gewählt worden: Mit Bass (±15 db bei 80 Hz), Mid (±15 dB bei 400 Hz) und Treble (±15 dB bei 4,2 kHz) kann der Wunschsound eingestellt werden. Volume bestimmt die Gesamtlautstärke.

 

Zum stillen Üben kann ein Kopfhörer angeschlossen werden. Das Signal wird nach dem Master abgegriffen.

Wen wundert es: Die Rückseite des Amp bietet ebenso nur das Nötigste. Lediglich der Netzanschluss, der Ein/Aus-Schalter, ein Speaker-Out (Klinke) und ein DI-Out (XLR) finden Platz. Der DI-Out ist fest post-EQ gewählt.

Praxis / Sound

So klein und trotzdem erwachsen?

Viele Bassisten schwelgen in Erinnerungen und setzten hohes Gewicht mit überzeugender Leistung gleich. Ich muss gestehen, ich gehörte laaange Zeit ebenso zu dieser Fraktion. Ich bin jedoch alles andere als konservativ und schätze auch die Vorteile, insbesondere die Gewichtsersparnis, der Class-D Technik. Ich bin aber auch immer noch überzeugt davon, ein letztes Quäntchen Soundunterschied zugunsten der schweren "Eisenschweine" hören zu können. Nur, hört sie das Live-Publikum auch?

 

OK, 200 Watt, dann auch noch "Class-D Watt" klingen auf dem Papier nicht sooo überzeugend, aber schon der Gallien-Krueger MB200 und der Trace Elliot ELF konnten viele Bassisten überzeugen. So klein diese Amps auch erscheinen, der Ton kann beeindrucken. So auch beim BAM200. Er klingt quasi wie der ELF, nur dass der BAM200 m.E. eine Neigung in Richtung Tiefmitten hat. Der Bass-Bereich ist recht prägnant und lässt sich nur durch weite EQ-Veränderungen beeinflussen. So kann es in Räumen, die über eine ungünstige Akustik verfügen, schnell wummern und dröhnen. So spiele ich den BAM (den ELF ebenso) tlw. mit (fast) komplett runtergedrehten Bässen (ca. 9 Uhr-Stellung) und deutlich gehobenen Mitten. 

Anders als beim ELF finde ich die weit ausgesteuerten Gain-Sounds nicht sooo überzeugend. Der Preamp des BAM200 scheint eher auf Clean-Sounds ausgelegt zu sein.

 

Erstaunlich finde ich ebenso die Durchsetzungsstärke des Amp. Er kann sich überzeugend im Bandkontext behaupten. So habe ich ihn an einer 2x410er Kombination getestet und konnte satte Cleansound bei gerade mal 1/2 Master spielen.

 

Ich habe es auch nach 2 Stunden Dauerfeuer nicht geschafft, den internen Lüfter hörbar zum Laufen zu bekommen. Der Lüfter ist noch kleiner im Durchmesser, als die mir in vielen anderen Kompakt-Amps bekannten nervenden 4 cm Luftquirle. Die Wärme, die der BAM200 erzeugt, scheint genügend über das Metallgehäuse und dem relativ langsam laufenden Fan abgeleitet zu werden. Auch nach einem längeren Einsatzes des Amp bei relativ hoher Leistungsanforderung wurde der Kleine gerade mal handwarm. Wie sich die Geräuschentwicklung des Lüfters mit zunehmender Staubbelastung entwickelt, muss abgewartet werden.

Fazit

Noch ein Amp mehr auf dem mittlerweile doch recht unübersichtlichen Bass-Amp-Markt, könnte man meinen. Wirklich neue Features bietet der BAM200 nicht, er zeigt nur die Richtung, die die Miniaturisierung der Verstärkertechnik so gehen könnte.

Zum aktuellen Verkaufspreis (05.2019) von knappen 130 € ist der Amp wirklich ein super Schnäppchen und könnte ihn so für viele Bass-Einsteiger oder als s.g. Backup-Lösung interessant machen.

 

05.2019