Eines vorweg: Ich setze in der Praxis wenige Effekte ein. Lediglich ein Kompressor ist dauerhaft im Einsatz, hier und da schalte ich mal einen Chorus hinzu, selten ist ein Overdrive im Sound vertreten.

Aber wie wohl jeder Gitarrist oder Bassist habe auch ich eine Phase "durchlebt", in welcher so ziemlich jeder Effekt zumindest mal getestet werden musste. So habe ich im Laufe der Zeit etliche Overdrives bzw. Zerrpedale, Kompressoren und Chorus/Flangerpedale besessen und auch eingesetzt. Natürlich fielen auch ein paar Multieffekte, wie z.B. das Korg AXB1000 und die Bass Multi-FX der GT-Reihe in diese Zeit.

Ich gehöre nicht zu den "Puristen", die auf Einzeleffekte schwören, nur weil so der (angeblich?) wahre Sound gefunden werden kann. Das Sammeln einzelner Effekte kann ziemlich teuer werden, hier kann ich aus (leidlicher) Erfahrung sprechen, und gerade wenn man noch in der "Welchen Effekt brauche ich wirklich?"-Phase ist, bieten sich Multieffekte geradezu an. Oder halt die in letzter Zeit immer beliebter werdenden Modeling-Geschichten, zu denen auch das Hotone XTomp gehört.

Übersicht

  • Abmaße: 126mm x 73mm x 30mm (LxBxH)
  • Regelung: On/Off Switch, 6 unterschiedlich belegte Control-Drehregler
  • Ein- Ausgänge: Input (L/R), Output (L/R), USB
  • Power: 9 Volt DC, 200mA min
  • Gewicht: 472 g

Konzept & Bedienung

Das Pedal hinterlässt schon nach wenigen Augenblicken einen sehr wertigen Eindruck beim Betrachter. Bis auf die Höhe, inkl. Bedienungsregler ist es gerade mal 3cm hoch, besitzt es ungefähr die gleichen Abmaße wie ein Boss-Effektpedal, es ist jedoch aufgrund des sehr massiven Metallgehäuses deutlich schwerer. 

Sechs Drehregler, die ja nach geladenem Effekt von einem LED-Ring in unterschiedlichen Farben angeleuchtet werden, wurden oberseitig ein wenig abgestuft platziert. Die Drehregler sind zwar recht eng beieinander angeordnet, erlauben jedoch trotzdem eine komfortable Bedienung. Ein massiver Ein/Aus-Schalter, welcher ebenfalls über einen LED-Leuchtring verfügt, ist im unteren Drittel des Pedals vorhanden. In der App (dazu später mehr) kann zwischen True- oder Buffered-Bypass gewählt werden.

Jeweils zwei Ein- und Ausgänge sind auf der linken und rechten Seite des Gerätes angeordnet. Die Klinkenbuchsen liegen zwar relativ eng beieinander, störend empfand ich es bisher nicht.

Auf der Oberseite des Pedals befinden sich eine USB-Buchse sowie die Buchse für die 9 Volt Stromversorgung des Gerätes. Wie bei den meisten Modeling-Effekten benötigt das XTomp ein wenig mehr Strom, als ein 9 Volt-Block bieten kann. Daher kann das Pedal nur über ein Netzteil betrieben werden, welches mindestens 200 mA liefert.

 

Wie erfolgt die Bedienung?

 

Auf der XTomp-Homepage stehen aktuell folgende Modeling-Presets zum Download bereit:

 

  • 37 Amplifier - Amp Simulationen
  • 30 Cabinet - Speaker Simulationen
  • 38 Distortion - Overdrives, Distortion, Fuzz
  • 11 Dynamic - Kompressoren, Flanger
  • 20 Frequency - Equalizer, Auto Wah, Bit Crusher, Octaver
  • 39 Modulation - Chorus, Flanger, Phaser
  • 27 Ambient - Hall, Delay
  • 22 Combo - Kombinierte Effekte
  • 6 Signature - "Signature"-Effekte
  • 5 Special - Spezielle Effekte

Die Anzahl der angebotenen Presets ist seit Vorstellung des Pedals stetig gestiegen, weitere Presets sollen hinzu kommen. Die Bezeichnungen lassen oftmals erahnen, welches "Original" dahinter steht. Dass "Marshell" wohl für "Marshall" steht und ein Engle ein ENGL darstellen soll, sollte wohl jeder verstehen... Oder?

 

Um diese Presets mit dem XTomp nutzen zu können, müssen diese Presets mittels eines Smartphones, Tablets oder eines PCs übertragen werden. Wird ein PC genutzt, schließt man das Pedal per USB-Kabel an den PC an. Die Übertragung von einem Smartphone oder Tablet erfolgt via Bluetooth. Die notwendige App dafür wird kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

 

Beim erstmaligen Start der App sollte man ein Update durchführen, damit alle verfügbaren Models auf das Smartphone geladen werden. Diese werden in einer Übersicht mit Icon dargestellt: 

 

Hat man seine Wahl getroffen, erscheinen eine kurze Erläuterung, auf welches Original sich dieses Preset bezieht und, ganz wichtig, wie die Bedienelemente angeordnet sind. Exemplarisch wähle ich mal den Ampage Classic aus:

Nachdem das Model auf den XTomp übertragen wurde, leuchten die Drehregler, die zur weiteren Bedienung zur Verfügung stehen. In diesem Falle leuchtet der Drehregler für die Voreinstellung der Mittenfrequenz je nach Einstellung in unterschiedlichen Farben, welche wiederum in der näheren Beschreibung erläutert werden.

Es werden nicht immer alle Regler genutzt. Erkennen kann man dies, wie schon erwähnt, an den beleuchteten LED-Ringen. So stehen beim TS-9 Tube Screamer auch nur drei Regler zur Verfügung. Witziges Nebendetail: Die LED-Ringe leuchten in sattem Grün...

Eines wird man jedoch schnell vermissen: Eine Beschriftung der Regler. Wie oben auf den Detailbildern zu erkennen ist, sind die Drehregler des XTomp nicht beschriftet. Welche Funktion sie im gewählten Model erfüllen, kann man in der App zwar nachlesen, das Gerät selbst gibt keine Auskunft darüber. Hinzu kommt noch, dass die Funktion der Regler in den einzelnen Models unterschiedlich belegt sind. Was in einem Model noch der Gain-Regler war, ist im nächsten Model z.B. ein Frequenzregler. Das kann schnell zu Verwirrung führen, zumal man das Smartphone nicht ständig in der Hand halten möchte. Der Verpackung liegen nette Etiketten bei, verwenden möchte man sie aber irgendwie nicht...

Das XTomp speichert nur ein Model, d.h. es kann nicht "mal eben so" zwischen zwei Models hin und her gewählt werden. Im Live-Betrieb kann also nicht auf der Bühne während eines Songs zwischen z.B. Overdrive und Chorus geschalten werden, da zwischen den Ladevorgängen ein wenig Zeit vergeht. So lange die Übertragung des neu gewählten Models nicht abgeschlossen ist, kann man zwar das vorhandene Model spielen, wirklich Live-tauglich ist es jedoch nicht.

Sound

Die wohl wichtigste Frage: Wie klingt es denn?

Ich bin Bassist in einer Band, deshalb kann ich hier vorrangig nur Auskunft über Bassisten-Belange geben. So habe ich als erstes die Bassamp-Models getestet. Zum Glück stehen mir die Originale für den o.g. Ampage Classic (Ampeg SVT CL), für den Alchemy Pre (Alembic F-2B), Ampage Flip (Ampeg B-15) und den Voxy Bass (VOX AC-100) zur Verfügung, so dass ein Direktvergleich gestartet werden kann.

Der Grundsound der jeweiligen Amps wird recht gut getroffen. Teilweise muss man mit den Einstellungen ein wenig nachhelfen, zumindest kann man den Charakter des jeweiligen Amps recht gut erkennen. Das letzte "Quäntchen" fehlt jedoch. Ich möchte nicht sagen, dass es "künstlich" klingt, es klingt in der letzten Spur ein klein wenig "anders". Ich möchte jedoch nicht ausschließen, dass dieses Empfinden reine Einbildung ist, ein Blindvergleich könnte zur Klärung beitragen...

Bei den Effekt-Models fehlen mir in den meisten Fällen die Vergleichsmöglichkeiten. Ich kenne zwar das eine oder andere Original, einen Direktvergleich konnte ich nicht anstellen.

Bei dem Models gibt es durchaus einige (auch für Bassisten) brauchbare Effekte. So fand ich einige Modulationseffekte und Equalizer sehr gut gelungen, ebenso sind ein paar sehr gute Overdrives vorhanden.

Im Großen und Ganzen zielt das XTomp jedoch auf die Verwendung im Gitarristen-Lager ab. Hier stehen überwiegend die meistens Models zur Verfügung. Eine Aussage über den Sound in diesem Bereich kann ich jedoch nicht treffen.

Fazit

Kurzfassung: Durchaus interessant!

Ich finde es erstaunlich, welche Qualität heutzutage die Modeling-Sachen mittlerweile aufweisen. Ich kann mich noch gut an erste Amp-Emulation-Versuche erinnern, die im Vergleich zu heutigen Möglichkeiten hörbar künstlich klangen.

Das XTomp ist von "schwerer Qualität", hinsichtlich Verarbeitung sowie Sound-Möglichkeiten.

 

09/2018