SWR Headlite

Über viele Umwege (durch den stetigen An- und Verkauf von Amps...) habe ich meine Vorliebe für Vollröhrenamps gefunden. Ich mag den Sound dieser oftmals recht großen und unhandlichen Teile. Wenn nun Gigs im kleineren Rahmen und mit überschaubarem Aufwand anstanden, erwischte ich mich oftmals bei dem Gedanken, nicht immer eine schwere Vollröhre mitschleppen zu wollen.

Jeder namhafte Amp-Hersteller hat mittlerweile mindestens einen s.g. Micro-Amp im Angebot, deren größter Vorteil m.E. die enorme Gewichtsersparnis ist.

 

Den Hersteller SWR (Steve W. Rabe) kenne ich durch verschiedene andere Produkte. So spiele ich sehr gerne einen SWR Interstellar Overdrive oder einen SWR Grand Prix und schätze den Klang dieser Preamps.

 

So war ich natürlich neugierig darauf, was ein SWR Headlite so bieten kann...

Übersicht

  • Bauform: Topteil im Metallgehäuse
  • Technik: Röhre/Transistor
  • Maße: 210 x 45 x 250 mm (BxHxT)
  • Gewicht: 1,7 kg
  • Röhrenbestückung: 1 x 12AX7
  • Leistung: 400 Watt an 4 o. ca. 260 Watt an 8 Ohm
  • Eingänge: Instrument (Klinke)
  • Ausgänge: Speaker (Speakon), DI-Out (XLR)
  • Klangregelung: semiparam. Bass, Mitten, Höhen, Aural Enhancer

Konzept

2010 brachte SWR mit dem Headlite gleichzeitig einen Poweramp, den Amplite, heraus. Die Dimensionen beider Amps ist im halben Rackformat gehalten, so dass beide Amps innerhalb einer HE bequem in einem Rack mit optional erhältlichem RackMounting-Kit untergebracht werden können. Dabei wird wahrscheinlich das Gewicht eines Road-tauglichen Racks höher sein, als beide Amps zusammen wiegen. Der Headlite ist mit 1,7 kg der mir bekannte leichteste Amp, der Amplite bringt sogar nur 1,3 kg auf die Waage. Wahrscheinlich wurde mit diesen Amps die Angst geboren, man könne Microamps allein durch das Gewicht eines eingestöpselten Instrumentenkabels vom Amp ziehen. Na ja, so ganz unberechtigt ist diese Angst nicht...

 

Zur Verstärkung des Preamp-Signals verwendet SWR im Headlite ein Endstufenmodul von B&C. Diese werden in vielen anderen Microamps verwendet und haben sich in der Praxis bewährt.

 

 

Das Gehäuse des Amps besteht aus vergleichsweise dünnem, aber ausreichend stabilem Stahlblech. Die frontseitigen Bedienelemente sind durch seitlich vorhandene und ca. 3 cm hervorstehende Bügel gegen (seitliche) Stöße geschützt.

Seitlich des Gehäuses befinden sich die Schlitze für den permanent laufenden Lüfter. Hier auch gleich ein Kritikpunkt: Diese kleinen Luftquirls können gewaltig nerven. Leider sind diese beim Headlite nicht Temperatur-geregelt, sondern laufen ständig auf vollen Touren. Auf einer Bühne oder in einem Probenraum stört dies jetzt nicht unbedingt, zu Hause im "stillen Kämmerlein" stört es.

 

So winzig der Amp auch erscheint, er bietet eine Menge Features, die oftmals nur die "ganz Großen" bieten:

 

Zum Anschluss des Basses steht eine Klinkenbuchse zur Verfügung. Mit einem Schalter (PAD) kann die Eingangsempfindlichkeit um 10 dB abgesenkt werden. Die weitere Aussteuerung des Preamps wird mit Gain geregelt. Eine LED zeigt hierbei an, ob die gewählte Signalstärke zu hoch ist.

 

Mit einer Mute-Taste kann der Amp stumm geschalten werden.

 

Wie alle SWR-Amps verfügt auch der Headlite über eine s.g. Aural Enhancer Klangregelung. SWR ging sogar einen Schritt weiter und spendierte dem Headlite eine Enhancer-Klangregelung mit zwei verschiedenen Presets (Standard und "modern"), welche durch einen Drucktaster gewählt werden können. Das gewählte Preset wird durch grün oder gelb leuchtender Shift-Taste signalisiert. Der Aural Enhancer lässt sich durch drücken des Potis aktivieren/deaktivieren.

 

"Herzstück" des Headlites ist der sehr gut abgestimmte und sehr wirkungsvolle semiparametrische 3-Band Equalizer. Durch drei gestackte Potis wird mit dem äußeren Poti die Centerfrequenz (Bass 40 Hz bis 220 Hz, Mitten 240 Hz bis 1,5 kHz und Höhen 1,5 kHz bis 8 kHz) eingestellt, und mit dem inneren Poti kann diese um 15 dB gesenkt/erhöht werden.

Bedingt durch den wenigen Platz auf der Front sind die Potis des Equalizers eng nebeneinander angeordnet, so dass es etwas fummelig sein kann, den Equalizer zu bedienen. Erstaunlich finde ich jedoch das Ergebnis, welches dieses wirkungsvolle Tool bietet. Es sind viele Soundvariationen möglich, die sich schnell und effektiv einstellen lassen.

 

Mit OnBoard ist ein OneKnob Kompressor. Dieser ist im Prinzip immer aktiv. lediglich durch drehen des inneren Potis des ebenfalls gestackten FX Blend / Comp Potis wird das Kompressionsverhältnis eingestellt. Der Kompressor arbeitet recht harmonisch und kann ein nützliches Feature darstellen. Ich lasse diesen i.d.R. komplett auf dry, also komplett aus, stehen und nutze Kompressoren á la Keeley oder TC NDY

 

Die Rückseite des Kleinen wirkt ähnlich überladen wie die Vorderseite:

 

Die Boxen werden über eine Speakon-Buchse angeschlossen. Die Gesamtimpedanz darf 4 Ohm nicht unterschreiten. Beim Pre Out liegt ein Signal an, welches hinter der Klangregelung abgegriffen wird. Hier kann z.B. eine Endstufe (u.a. der SWR Amplite) angeschlossen werden.

 

Der Balanced DI-Out (XLR) kann per Taster vor oder nach EQ gelegt werden. Sinnvoll: Die Signalstärke des DI-Outs kann per Poti eingestellt werden.

 

Am Direct-Ausgang liegt ein vom Mute unabhängiges Signal an, z.B. für einen Tuner.

 

Die Mute-Funktion kann ebenso wie ein FX-Bypass per Fußschalter aktiviert/deaktiviert werden.

 

 

Hält man den Mute-Taster gedrückt, aktiviert man einen Tuner, welcher schnell und zuverlässig zum Stimmen des Basses (bei gleichzeitiger Mute-Schaltung) genutzt werden kann.

Sound

Ich würde sagen: Typisch SWR!

Es ist schon erstaunlich, wieviel Power in diesem kleinen Kistchen steckt. Der Ton kommt satt aber dennoch klar und aufgeräumt rüber. Das Bassfundament ist wuchtig und lässt sich durch die Enhancer-Schaltung noch deutlich verstärken. Ich bin großer Fan dieses SWR-typischen Presets, da es im Vergleich zu anderen vergleichbaren Presets anderer Amps deutlich feinfühliger abgestimmt erscheint. Die Bässe und Höhen werden geschmackvoll betont, während die Mitten leicht abgesenkt werden. Während bei vielen anderen Amps die Durchsetzungsfähigkeit durch ein derartiges Preset leidet, geht der Headlite im Bandkontext nicht "unter".

Fazit

Der Headlite gehörte zu den letzten Neuerscheinungen der bis dato hochgelobten Ampschmiede SWR. Leider wurde die Produktpalette nach der Übernahme SWRs durch Fender komplett eingestellt und wurde auch nicht durch adäquate Angebote ersetzt.

Den Headlite sollte man nicht ausgehend von seinen minimalen Abmaßen unterschätzen, bietet er doch ausreichend Power, viele Sounds und einige nützliche Features, die sonst nur einige andere deutlich größere und schwerere Bassanlagen bieten.

 

Einzig die deutlich hörbaren Lüfter empfinde ich als einziges Manko...