Seit knapp zwei Jahren bin ich Besitzer eines Fender Bassman 300 Pro. Diesen Amp setze ich mittlerweile bei den meisten Proben sowie Live-Einsätzen ein.
Wie wohl viele wissen werden, hat Fender die kleine aber patente Amp-Schmiede SUNN gekauft und deren erfolgreiche Amps technisch und optisch unverändert unter den Namen Fender weiter produziert
und verkauft. Aus dem SUNN 300T wurde der soeben genannte Bassman 300 Pro, aus dem SUNN 1200S wurde der Fender Bassman 1200.
Der SUNN 300T/Bassman 300 Pro unterscheidet sich vom SUNN 1200S/Bassman
1200 lediglich in der Art der Endstufenverstärkung. Während im SUNN 300T/Bassman 300 Pro
Röhren maßgeblich an der Endstufenleistung werkeln, werden im SUNN
1200S/Bassman 1200
Transistoren verwendet.
Neugierig, ob sich die Transistorversion meines Main-Vollröhrenamps im
Klangverhalten großartig unterscheidet, machte ich mich auf die Suche nach einem SUNN 1200S bzw. Fender 1200. Relativ schnell führte mich meine Suche zu einem SUNN 1200S.
Die Bedienelemente der Röhren- bzw. Transistor-verstärkten Amps
unterscheiden sich nicht ggf. eher gering. Ich werde daher viele Teile meines Reviews zum Fender Bassman 300 Pro hier verwenden und lediglich durch Fotos und Anmerkungen
ergänzen...
Mit knappen 16 kg ist der SUNN 1200S nur halb so schwer wie der Fender Bassman 300 Pro. Röhrenfans schleppen gerne, manchmal verflucht man aber auch das enorme Gewicht seines "Schätzchens" und wünscht sich etwas leichteres. Punkt für den SUNN.
Beim Blick ins Innere des Amps fallen der groß-dimensionierte
Ringkerntrafo und die Leistungstransistoren auf, die auf einem dicken Wärmeleitblech sitzen. Ein wirklich leise laufender Radiallüfter sorgt für zusätzliche Kühlung. Der Trafo dürfte nicht
unerheblich am Gewicht des Amps beteiligt sein, zumal beim Transport des Amps deutlich zu merken ist, dass der Trafo nicht mittig angeordnet wurde.
Das Gehäuse des Amps besteht aus stabilem Stahlblech, das Gewicht des
Amps erfordert jedoch auch eine rückwärtige Befestigung im Rack. Dazu sind ebenfalls "Rackohren" vorhanden.
Die Bedienelemente der Frontseite von links nach rechts
Für den Anschluss eines Basses steht ein Klinkeneingang zur Verfügung.
Bei pegelstarken Bässen kann per Schalttaste die Eingangsempfindlichkeit abgesenkt werden.
Der 1200S bietet zwei Eingangsstufen, welche einzeln geschaltet werden
können (Channel Select), welche aber auch stufenlos miteinander gemischt werden können (Channel 1/2 Mix). Es kann nicht zwischen den beiden Kanälen geschalten werden. Zum stets aktiven Kanal 1
kann der Kanal 2 aktiviert werden. Mit dem Mix-Regler kann von 100% Kanal 1 zu 100% Kanal 2 stufenlos "geblendet" werden.
Kanal 1 bleibt stets clean, während Kanal 2 als Röhren-Overdrive
ausgelegt ist, welcher früh aber sanft einsetzt. Channel 1 Volume bzw. Channel 2 Volume regeln die Signalstärke, mit Channel 2 Gain kann der Zerrgrad im Kanal 2 eingestellt
werden.
Der Amp bietet die Möglichkeit der Klangeinstellung mit einem Low- und
einem High- Regler. Was beim Bassman als Klangregelung eigentlich ausreichend ist, erscheint hier jedoch ein wenig zu spartanisch. Durch die sehr basslastige Grundeinstellung und durch die enorme
Power des Amps bekommt man in der Flat-Einstellung Angst um seine Boxen. I.d.R. drehe ich die Bässe komplett heraus und betone ein wenig die Mitten. Die Betonung der tieferen Bereiche durch das
"Deep"-Preset sollte vorsichtig verwendet werden, wirkungsvoll dagegen ist die leichte Absenkung der Mitten bei Beibehaltung der Tiefen und Höhen.
Der 10-Band Graphic Equalizer kann per Taster / Fussschalter aktiviert
werden. Eine LED zeigt den aktivierten EQ an. Die Frequenzbereiche sind gut abgegrenzt und unterteilt, die Fadingbereiche sind nicht zu weit, aber auch nicht zu schmal ausgelegt. Zusätzlich
können mittels des EQ Trim Faders Lautstärkesprünge ausgeglichen werden.
Ich habe den Graphic EQ i.d.R. immer aktiviert. Das 31.5 Hz Band habe ich
komplett zum Schutz meiner Boxen "runtergezogen", die Mitten betone ich i.d.R. immer leicht.
Auch im SUNN 1200S arbeitet ein Zweibandkompressor (Trennfrequenz 420
Hz). Der Kompressor ist per Schalttaste oder Fussschalter aktivierbar. Das Kompressionsverhältnis kann für den Bassbereich sowie für den Höhenbereich separat durch getrennte Regler eingestellt
werden. Mit Comp Eq Bal können die beiden "komprimierten" Bänder wieder stufenlos gemischt werden. Die
Input Level leuchtet grün, sobald der Schwellenwert des Kompressors erreicht wird. Leuchtet sie rot, ist die Vorstufe übersteuert, so dass diese mit den Input Reglern der Input-Sektion
eingestellt werden muss. Comp Gain Trim dient zur Aussteuerung eventueller Lautstärkesprünge, die sich aus der
Aktivierung des Kompressors ergeben.
Tuner Only schaltet die Masterlautstärke stumm, so dass nur noch ein Signal am Tuner out
(Rückseite) anliegt. Die Gesamtlautstärke wird mit Master
Volume geregelt.
Die Bedienelemente der Frontseite von links nach rechts
Der SUNN 1200S bietet vier parallel geschaltete Ausgänge (leider nur
Klinke, kein Speakon) zum Anschluss von Boxen. Eine Gesamtimpedanz von 2 Ohm sollte nicht unterschritten werden. Man sollte jedoch auch im Hinterkopf haben, dass bei 2 Ohm Gesamtimpedanz 1200
Watt "fällig" werden, die auf Boxen aufgeteilt werden sollten, die diese hohe Leistung verkraften.
Die Funktionen zum aktivieren des Overdrive Channels, des graphischen
Equalizers und des Kompressors können mit Hilfe eines Fußschalters aktiviert werden. Dieser wird mit einem "normalen" Mono-Klinkenkabel an den Amp angeschlossen.
Der Power Amp Pass Through bietet ein Line-Signal, welches hinter der Vorstufe abgegriffen wird. Dieses
kann z.B. verwendet werden, um einer weiteren Endstufe ein Signal zu bieten.
Der trafosymmetrierte DI-Out (XLR) kann pre/post EQ gewählt
werden.
Der SUNN 1200S ist ein wahrhaft leistungsstarker Amp, der sich nur schwer
"bändigen" lässt. Gerade bei Outputstarken Bässen ist Vorsicht angesagt um 1.) die Vorstufe nicht zu "überfahren" und auch 2.) zum Schutz der angeschlossenen Boxen.
Man spürt jederzeit, dass große Leistungsreserven vorhanden sind und der Amp im
Prinzip nur im "Stand-Gas" läuft und dabei selbst den lautesten Drummer bzw. Gitarristen von der Bühne blasen könnte. Hier sind Boxen gefragt, die die Power des Amps auch aufnehmen können, da es
sich keinesfalls um "Werbe-Watt" handelt. Kleinste Drehungen am Gain- bzw. Master-Regler haben krasse Auswirkungen auf die Lautstärke des Amps. Hier würde ich mir weitere Regelmöglichkeiten
wünschen.
Der Grundklang des Amps ist sehr basslastig, was sich jedoch durch den
schaltbaren graphischen EQ recht gut nach den persönlichen Soundvorstellungen einstellen lässt. Der Overdrive-Channel lässt harmonisch klingende Zerrsounds zu.
Der SUNN 1200S klingt definitiv anders als der Bassman 300 Pro. Der tiefe
Grundsound ist unverkennbar, jedoch klingt der Bassman ein wenig "harmonischer", ein klein wenig "träger". Der SUNN ist eine sehr gute Alternative zum Bassman, wenn ich mal nur mit einem 2HE Rack
unterwegs sein möchte, was nicht ganz sooo sperrig erscheint wie der Bassman...
03.2013