Trace Elliot Twin Valve

Nachdem ich längere Zeit den Trace Elliot V8 im Probenraum gespielt habe und diesen auch gerne bei Live-Auftriiten eingesetzt habe, musste ich schnell feststellen, dass die enorme Power des Röhrenboliden eigentlich völlig überdimensioniert war. Selbst im Half-Power Modus ließ sich der V8 nicht aus der Reserve locken. Mir schwebte ein kleineres Röhrentop vor, welches kompakter und leichter sein sollte, welches aber ebenso klingen sollte wie das Flaggschiff der Valve-Type Serie. So wurde ich auf den Twin Valve aufmerksam. Die ausgewiesenen 115 Watt entsprachen ca. 1/4 der Leistung des "Großen" und ich war mir nicht ganz sicher, ob das auch ausreichend dimensioniert sei. Kurzum, ich habe ein günstiges Angebot nicht ausschlagen können und wurde dann ein wenig enttäuscht...

Übersicht

  • Bauform: Topteil im Holzgehäuse
  • Maße: 450 x 170 x 240 mm (BHT)
  • Gewicht: 14 kg
  • Röhrenbestückung: 2 x 6550, 2 x 12AX7
  • Leistung: 115 Watt an 4 o. 8 Ohm
  • Eingänge: Klinke (aktiv), Klinke (passiv), Line In
  • Ausgänge: XLR/Klinke Speaker Out, Line Out, Phones


Konzept

Der Twin Valve wurde 1990 gleichzeitig mit zwei weiteren Röhrentops (Quatra und Hexa Valve) aus dem Hause Trace Elliot vorgestellt. Anfangs wurden diese Amp nur in einem polierten Stahlblechgehäuse (optional mit Rackwinkeln) angeboten. Später bot Trace Elliot die Valve-Amps gegen Aufpreis auch in einem Holzcase an. Das Case ist aus ca. 2 cm starken Holzplatten gefertig und mit einem schwarzen Tolex bezogen, die Ecken sind durch Kappen geschützt.
Durch seitlich angebrachte Klappgriffe wird der Transport des ohnehin nur 14 kg schweren Amps erleichtert. Dicke Gummifüße an der Unterseite des Amps sorgen für einen sicheren Stand z.B. auf einer Box. Seitlich angebrachte Gummifüße ermöglichen einen schonenden Hochkant-Stand des Amps.



Zum Anschluss des Basses stehen zwei Klinkeneingänge (aktiv / passiv) zur Verfügung, die Eingangsempfindlichkeit wird mit Input Gain (gerastertes Poti) geregelt. Eine "OverLoad"-Signal zeigt an, wenn eine Übersteuerung des Preamps durch ein zu hohes Signal bevorsteht.
Trace Elliot-typisch kann ein MID Pre Shape per Schalttaste aktiviert werden. Mit diesem Preset werden die Bässe um 6 dB (bei 22 Hz), die Höhen (bei kHz) betont, während die Mitten um 6 dB bei 400 Hz gesenkt werden. Die sieben Bänder des Graphic EQs (50 Hz, 100 Hz, 230 Hz, 500 Hz, 1 kHz, 2 kHz und 5 kHz) können per Fader um 15 dB betont oder gesenkt werden. Der Graphic EQ ist per Schalttaste aktivierbar / deaktivierbar. 



Wirklich praktisch finde ich die vorderseitige Platzierung des DI-Outs. Dieser ist per Schalttaste pre oder post EQ abgreifbar. Die Anschlüsse für den Effektweg sind ebenfalls vorderseitig vorhanden. Dieser liegt hinter dem EQ aber noch vor dem Master. Weiterhin vorhanden: ein Line Out (Master-abhängig) und ein Line In.
Die Betriebsbereitschaft der Vor- und Endstufe wird durch Power Amp (nach dem Einschalten des Amps) und durch PRE AMP (Standby off) angezeigt.
Die Rückseite des Amps bietet lediglich einen XLR- und einen Klinkenausgang zum Anschluss einer Box (wobei die Ausgangsimpedanz per Kippschalter zwischen 4 und 8 Ohm einzustellen ist) und den Betriebsschalter des Amps.


Sound

Eingangs schrieb ich, dass ich ein wenig "enttäuscht" vom Twin Valve wurde. Ich habe mir einen V8-ähnlichen Klang versprochen. Der V8 klingt sehr direkt, straff und "modern". Dahingegen klingt der Twin Valve eher wie der V6 etwas "träge" und mit einem deutlichen eigenen Charakter. Der Sound bleibt stets "weich" und wird niemals kratzig/kühl.
Der Twin Valve kommt recht basslastig mit "gesunden" Mitten/Höhen daher. Aktiviert man das Pre Shape-Preset ("Badewannen"-EQ) wird dieser Eindruck noch verstärkt. Zwar rücken die Mitten deutlich in den Hintergrund, der Sound bleibt jedoch definiert, die Höhen präsent. Dieses Preset harmoniert sehr mit meinen Music Man Bässen, die von Hause aus recht Mitten-stark sind und sehr vordergründig klingen. Spiele ich diese Bässe, aktiviere ich lediglich das Pre Shape-Preset, den Graphic EQ lasse ich aus.
Der Wirkungsbereich der einzelnen EQ-Bänder ist sehr gut gewählt. Der recht weite Fader-Bereich erlaubt feinfühlige Einstellungen, so dass ein stimmiger Sound einfach und schnell gefunden ist.
Erstaunlich ist, wie laut und durchsetzungsfähig der Twin Valve im Bandgefüge ist. Selbst bis in hohe Lautstärkebereiche bleibt der Amp clean (entsprechende Boxen vorausgesetzt).


Fazit

Nachdem ich mir den Twin Valve gekauft habe, rückte dieser ein wenig in den Hintergrund. Längere Zeit spielte ich den Amp gar nicht, verkaufen wollte ich ihn aber auch nicht. Erst nachdem ich meinen V6 verkauft habe (Warum nur???) und ich genau diesen Sound wieder haben wollte, holte ich den Twin Valve wieder hervor. Er klingt (fast) genau so wie der V6, erlaubt aber wegen des besseren Equalizers eine bessere Soundgestaltung.
Meine damalige Skepsis wegen der (vermeintlich) geringen Leistung des Amps habe ich durch die Verwendung einiger anderer Amps der 100 Watt-Leistungsklasse schnell verloren.
Der Twin Valve ist interessant für "Clean-Spieler", die gleichzeitig einen deutlich gefärbten Röhrensound wünschen.

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