Fender American Deluxe Precision V

Als langjähriger überzeugter MusicMan Spieler habe ich es ausgeschlossen, jemals einen Fender Bass zu spielen. Vor allem überzeugte mich die Soundvielfalt, die mein MusicMan Stingray 5HH mit seinen Schaltungsmöglichkeiten bietet. Durch Zufall "stolperte" ich über einen Fender Roscoe Beck V und war angenehm überrascht.

Für ein Nebenprojekt zu meiner jetzigen Band suchte ich einen anderen Grund-Sound, als den, den mir der Roscoe Beck V bietet. Schnell wurde ich bei den Fender Precision Bässen fündig. Jedoch fehlte mir irgendetwas im Gesamtsound. Mir wurde aufgrund einer Schilderungen der Fender American Deluxe Precision empfohlen. Ich musste jedoch feststellen, dass es sich (mal wieder) um einen Bass handelt, welcher nicht mehr hergestellt wird und dann noch in der 5-Saiter Variante recht selten auf dem Gebrauchtmarkt zu finden ist.

Nach laaanger mühseliger Recherche konnte ich dennoch einen nahezu neuwertigen Bass ausfindig machen. Da der Fender Roscoe Beck V mein momentaner "Hautbass" ist und so meinen "Referenzbass" darstellt, werde ich hier und da ein paar Vergleiche zwischen beiden Bässen einfügen

Übersicht

  • Hersteller: Fender
  • Modell: American Deluxe Precision V
  • Baujahr: 2008
  • Korpusholz: Erle
  • Mensur: 34", 864mm, Longscale
  • Sattel: Kunststoff
  • Griffbrett-Radius: 9.5"
  • Halsbreite: Sattel 48 mm, 12. Bund 65 mm
  • Bünde: 22, Medium Jumbo
  • Hals: verschraubt, Ahorn mit Pao Ferro Griffbrett
  • Hardware: Chrom
  • Mechaniken: halboffe "Lite"-Stimmmechanik, "High Mass Vintage"-Bridge
  • Tonabnehmer: 1x Bill Lawrence designed Humbucker, 1x Split Single-Coil PU
  • Elektronik: aktiv (18 Volt)
  • Ausstattung: Schaller Security Locks



Handling

Bei einem Bass in dieser Preisklasse erwarte ich eine Top-Verarbeitung. Ich wurde nicht enttäuscht. Keine billig wirkenden Spaltmaße, nichts wackelt, alle Schrauben sitzen gerade, keine schiefen Mechaniken. Der Body ist angenehm "geshaped", die Lackierung fehlerfrei.
Das Gewicht des Basses hält sich in einem angenehmen Rahmen. Er wirkt insgesamt recht leicht und hängt auch nach längerer Spielzeit angenehm im Gurt. Eine Kopflastigkeit kann ich nicht feststellen. Nicht umsonst hat man s.g. "Lite"-Mechaniken (Schaller) verwendet. Diese bestehen aus einer halboffenen Hart-Plastik Kapsel und Metall-Mechaniken. Diese teilweise Verwendung von Plastik machte mich anfangs ein wenig skeptisch. Betrachtet man sich die Mechaniken näher, machen sie einen sehr stabilen Eindruck. Vereinzelnt wird Foren über schwergängige bis hin zu defekten Mechaniken berichtet. Eine Langzeiterfahrung kann ich noch nicht vorweisen.



Der Hals aus einstreifigem Ahorn ist rückseitig seidenmatt-lackiert, wirkt dadurch nicht "klebrig" und erlaubt ein schnelles Spiel. Die Halsabmaße sind für Viersaiter-Spieler "mächtig", für gewohnte Fünfsaiter-Spieler jedoch genau richtig.

Was mich bei vielen Fender Bässen bisher sehr störte, war dieser mickrige Blechwinkel, der die Funktion einer Brücke erfüllen sollte. Ok, es funktioniert damit schon seit Jahrzehnten sehr gut, optisch finde ich es nicht sooo dolle. Optisch besser finde ich die massivere Ausführung der Brücke beim Deluxe Precision. Die Saiten können wahlweise "Topload" an der Brücke befestigt werden oder "String-Thru-Body". 
Ich kann keine so große Soundunterschiede zwischen der "mickrigen" Blechwinkel-Ausführung und dieser massiveren Brückenvariante feststellen, jedoch fehlt mir auch der alltägliche Vergleich... 
Einen Soundunterschied zwischen "Topload" und "String-Thru-Body" kann man feststellen: Ein deutlich längeres Sustain wird somit erreicht.
Zum Einstellen des String-Spacings sind auf den Saitenreitern Rillen vorgesehen.

Sounds

Was mir bei der Auswahl meiner Amps wichtig ist, verhinderte bisher meine Entscheidung zum Kauf eines "Standard"-Precision Basses: die eher simple und einfache "Ausstattung" mit nur einem Volumen- und einem Tone-Poti. Meine bisherigen (Haupt-)Bässe bieten etwas mehr. Ich forme doch immer wieder den Klang mit den verschiedenen Schaltungsmöglichkeiten, die mein Stingray 5HH oder der Roscoe Beck V bieten und wollte darauf auch bei der Wahl "meines" Precision Basses nicht verzichten.


Hier wurde ebenfalls ein mir vom RBV bekannter "Lawrence-Designed"-Humbucker als Bridge-PU und der typische Precision Split-PU als Neck-PU verwendet. Zwischen den beiden Pickups kann mit einem Blend-Poti stufenlos gewählt werden. Sehr praktisch, denn die beiden Pickups haben für sich gesehen sehr unterschiedliche Grundsounds, welche somit gemischt werden können. Dies ermöglicht mehr Soundvariationen, als sie bei der Verwendung eines 3-Way-Switches möglich wären (siehe RBV).
Der Sound des Precision kann durch den vorhandenen 3-Band EQ (18 Volt Elektronik) verändert werden. Dazu stehen ein BassPoti (+/- 12dB bei 40 Hz), ein MiddlePoti (+10/-15 dB bei 500 Hz) und ein TreblePoti (+/- 10dB bei 8 kHz) zur Verfügung. Alle Potis sind mit einem Mittenraster versehen.


Mir ist aufgefallen, dass die Regelungen für Bass und Middle gravierend in den Sound eingreifen können. Kleinste Veränderungen am Poti bedeuten oftmals große Unterschiede im Klang. Das Treble Poti arbeitet dagegen sehr unauffällig und macht sich erst bei großen Poti-Veränderungen bemerkbar.


Als ich den Bass das erste Mal über eine Anlage spielte (BassEQ neutral), fiel mir der sehr basslastige, fast dumpfe (Grund-) Klang des Basses auf. Ich war monatelang den sehr Mitten-reichen Klang des RBV gewöhnt, und nun das... Jetzt kommt die rauschfreie Elektronik des Basses ins Spiel: Wie schon geschrieben, greifen die Bass- und Mittenpotis stark in die Klangregelung ein. Somit ist durch leichtes absenken der Bässe und boosten der Mitten und Höhen schnell ein zufriedenstellender Sound gefunden. Nur wie schon geschrieben: Die Höhen könnten besser in Erscheinung treten...
Sehr gut finde ich die Möglichkeit, stufenlos zwischen den Pickups zu "blenden". Der Split-Coil liefert in EQ-Neutralstellung ein fettes Bassfundament. Der Bridge-Humbucker hingegen bringt deutliche Mitten und "spritzige" Höhen (Der Bridge-Humbucker des Roscoe Beck V klingt dagegen aber deutlich "detailreicher"...). Beides für sich gespielt liefert schon mal zwei völlig unterschiedliche Grundsounds. Jedoch nicht "typisch Precision" (Split-Coil) und auch nicht "typisch MusicMan" (Humbucker). Der Split-Coil klingt irgendwie "weicher", nicht ganz so "knarzig" wie ein typischer Precision, der Humbucker bringt ebenfalls nicht diese typische Härte eines Musicman-Humbuckers mit. Wie schon beim Roscoe Beck wähle ich gerne zwischen Hals- und BridgePU, bevorzuge bei diesem Bass jedoch den HalsPickup.
Interessant klingt aber auch die halb/halb PU-Wahl. Hierbei ergänzen sich die Grundsounds der beiden Pickups und der Klang ist harmonisch ausgewogen.

Fazit

Ich suchte einen anderen Sound und habe ihn auch mit diesem Bass gefunden. Er geht deutlich mehr in die rockige Richtung, so wie ich es haben wollte. Mir war die Soundvielfalt wichtig, die mit diesem Bass ebenfalls erreicht werden kann. Freilich stehen nicht so viele Soundvariationen zur Verfügung, wie ich sie vom Stingray 5HH oder vom Roscoe Beck V kenne, jedoch immer noch mehr, als sie ein klassischer Precision Bass liefert... 

Der Bass klingt nicht wie ein klassicher Precision, geht im Grundsound aber schon deutlich in diese Richtung. Ein m.E. sehr interessanter Bass, der eine Menge moderner Features mitbringt.