Ampeg PortaFlex PF-50T

Mit einem geliehenen Ampeg SVT CL fing meine "Bassisten-Karriere" an. Ich habe schnell den vollen und runden Ton zu schätzen gelernt, leider aber auch schnell die Negativ-Seiten eines Vollröhrenboliden kennengelernt. Das Gewicht des Amps ist halt nicht von schlechten Eltern... Schnell habe ich mich nach leichteren Alternativen umgeschaut und kam so auf die zahlreichen Preamps, die ebenfalls Röhrensound versprechen, oftmals sogar liefern. Aber dieses "Vollröhrenfeeling" (ob es wirklich vorhanden ist oder nur Einbildung?) stellte sich nie sooo wirklich ein. Also hieß es: Back to the roots! - Ein Vollröhren-Amp musste wieder her. Es wurde aber nicht nur ein Amp, sondern ein paar mehr...

Auf meiner Suche nach DEM Amp habe ich auch immer wieder ein paar Ampeg B-15 angespielt. DAS ist der Sound, den ich gesucht habe! Leicht, luftig und trotzdem erdig. Gekauft habe ich mir bis heute keinen. Die Heritage-Reihe ist (auch gebraucht) sehr teuer, die seltenen "alten" B-15 aus den 60igern die man überhaupt noch findet, sind tlw. bösartig verbastelt oder halt einfach unbezahlbar.

Als Ampeg die neuen Röhrenamps der Portaflex-Reihe ankündigten, wurde schnell mein Interesse geweckt. So wurden zwei Versionen angekündigt: eine 20 Watt und eine 50 Watt leistende Version. Von einem Echolette BS40 und einem Ampeg B25B wusste ich, dass Amps mit einer Leistung von knappen 50 Watt sich in einer recht lauten Band durchaus durchsetzen können. Aufgrund der höheren Leistung entschied ich mich für den PF-50T.

Überblick

  • Bauform: Topteil im Metallgehäuse
  • Technik: Röhre
  • Röhrenbestückung: 2 x 6L6, 2 x 12AX7, 1 x 12AU7
  • Maße: 38 x 25 x 18 cm (BxTxH)
  • Gewicht: 9 kg
  • Klangregelung: 3-Band EQ, parametr. Mittenregelung
  • Leistung: 50 Watt an 4 oder 8 Ohm


Konzept

Das Aussehen des Amps ist stark an den oben erwähnten Ampeg Klassiker B-15 angelehnt. Metall-Chassis, offen auf dem Chassis platzierte Trafos und durch ein Gitter geschützte Röhren. Die Preampröhren sind zudem mit Bechern gegen Einstreuungen gesichert.



Die matt-schwarze Lackierung ist ähnlich wie Edelstahl-Oberflächen besonders empfänglich für Fingerabdrücke. Also vorm Benutzen des Amps ordentlich die Hände waschen, sonst sieht es schnell fleckig aus... 

Die Verarbeitung des Amps erscheint wertig, keine offen stehende Spalten, schief sitzende Schrauben oder Potis. Obwohl recht dickes Metall zur Herstellung des Chassis verwendet wurde, ist der Amp mit knappen 9 kg Gewicht absolut Transport-freudig.



Anders als bei den "alten" B-15 setzt Ampeg jetzt ganz auf "Platine". Sämtliche Komponenten sind jetzt sauber und übersichtlich auf einer Platine angeordnet.



Zum Anschluss eines Basses stehen zwei Klinkeneingänge mit unterschiedlicher Eingangsempfindlichkeit zur Verfügung.



Die Aussteuerung des Preamps wird mit Gain geregelt, Volume bestimmt die Gesamtlautstärke. Der PF-50T bietet den "typischen" Ampeg-EQ: Bass (+8/-12 dB @ 50 Hz) und Treble (+12/-20 dB @ 8 kHz). Die Mittenregelung wird hier durch zwei Potis bestimmt: Mit Frequenzy können fünft Frequenzen ( 200 Hz, 400 Hz, 800 Hz, 1,3 kHz und 3 kHz) gewählt werden, welche anschließend durch Midrange um +5 / -12 db gehoben/gesenkt werden können.
Zusätzlich stehen noch ein Ultra Low- (+2 dB bei 50 Hz / -10 dB bei 500 Hz) und ein Ultra High- (+5 dB bei 8 kHz) Preset zur Verfügung.



Zum Anschluss einer Box steht ein Klinkenanschluss zur Verfügung. Die verwendete Impedanz kann mit einem Schiebeschalter zwischen 4 oder 8 Ohm gewählt werden.
Gleich zwei DI-Outs stehen dem User zur Verfügung: Der Preamp Out kann per Taster pre/post EQ gewählt werden, wobei in pre-Stellung dieser Ausgang auch vom Master abhängig ist. Der Transformer Balanced Line Out wird am AÜ abgegriffen und ist somit ebenfalls vom Master abhängig. Wie schon beim Ashdown Little Bastard oder beim EBS T90 ist der Klang dieses DI-Outs deutlich gefärbt, irgendwie klingt er "weich" und bei weitem nicht so "linear" wie der Preamp Out. Muss man mögen...



Wie bei fast allen neueren Röhrenamps kann der BIAS auch beim PF-50T eingestellt werden, ohne dass der Amp geöffnet werden muss. Die Einstellung des korrekten Ruhestroms wird durch LEDs angezeigt.

Sound

Der Ampeg klingt in neutraler EQ-Stellung "fett" mit einer gewissen Neigung Richtung Mitten. So erinnert er ein wenig an den Ampeg V-4B. Bemüht man jedoch den EQ, weicht der Klang dann doch ein wenig vom V-4B ab. Kein Wunder, greift der EQ doch ein wenig anders. Mir gefällt, dass der Equalizer zahlreiche Soundvariationen zulässt, und so der Amp mehr als nur ein "one-tone-wonder" darstellt. Bei Aktivierung des Ultra Lo Presets wird der Sound deutlich "runder" und geht mehr in die "Breite". Das klingt besonders gut mit meinem Reflex (Mittel-SC only). Gleichzeitig verliert der Amp aber ein wenig an Durchsetzungskraft und wirkt leiser, was sich durch eine leichte Drehung am Master "beheben" lässt. Dass diese "Badewannen"-Presets oftmals zu Lasten der Durchsetzungsfähigkeit gehen ist mir bekannt, bei diesem Amp finde ich es aber ein wenig stark ausgeprägt.
Ein wenig anders als gewohnt erscheint die Mittenregelung. Die Absenkung der Mitten greift deutlich gravierender, als die Betonung der Mitten. Man gewöhnt sich jedoch schnell an den ungleichen Regelbereich und kann so die Mittenregelung als m.E. wichtiges klangbildendes Werkzeug einsetzen.

Der PF-50T klingt anders als ein B-15. Er klingt gut, aber nicht annähernd identisch. Der Sound ist ähnlich, jedoch wirkt der PF-50T ein wenig direkter, er geht nicht ganz so in die Breite und wirkt dadurch nicht ganz sooo weich.

M.E. ist der Amp eher etwas für Clean-Sounds. Overdrive- bzw. Crunch-Sounds sind durchaus möglich, jedoch geht das umso mehr zu Lasten der Durchsetzungsfähigkeit des Amps. Ich setze den Amp zu Hause als (Luxus-) Übungsamp ein. Den für viele Röhrenamps typischen Klang erhält man meistens erst bei höheren Leistungsanforderungen / Lautstärken. Erfreulich finde ich, dass der PF-50T selbst bei geringen Lautstärken rund und "fett" klingt, sich also auch sehr gut als zu-Hause-Amp oder Recording-Amp einsetzen lässt, diesen gewissen Klang jedoch auch bei höheren Lautstärken beibehält.

Fazit

Der Ampeg PF-50T ist m.E. in erster Linie kein "Ersatz" für einen B-15, dazu klingen sie dann doch zu verschieden. Er stellt einen interessanten "Lückenfüller" (für Recording-Einsätze oder als Amp für nicht ganz sooo laute Kapellen) dar, wird aber aufgrund der vergleichsweise geringen Leistung und des dafür recht hohen Preises (aktuell 1.000 Euro) wahrscheinlich eher ein Nischenprodukt bleiben. Interessant würde ich auch den direkten Vergleich zum PF-20T finden, da sich beide Amps nicht nur in der Leistung unterscheiden sondern auch in der Gestaltung des Preamps.

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