Fender TBP-1

Der Fender TBP-1 war so ziemlich der erste Röhrenpreamp, den ich mir gekauft habe. Das war vor ca. drei Jahren. Und was soll ich sagen: Ich habe ihn nach ca. drei Monaten wieder verkauft. "Wie? Warum das denn?" könnte man sich jetzt fragen. Der Grund ist eigentlich ziemlich simpel: Ich habe mir mehr von einem (damalig) 850 Euro teuren Röhrenpreamp versprochen. Nun muss ich dazu sagen, dass ich zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich Transistor-verstärkte Amps spielte und ein wenig auf die unerschwinglichen Vollröhren und deren Sound schielte. Mittlerweile hat sich mein "Soundgeschmack" geändert und ich spiele fast ausschließlich Vollröhrenamps oder halt Endstufen-verstärkte Röhrenpreamps. Den TBP-1 habe ich auf "Umwegen" wieder entdeckt. Und zwar beim spielen über einen Fender TB-600, der den TBP-1 als Preamp enthält (ebenso der TB-1200 Head). Also wurde kurzerhand wieder ein solcher Preamp gekauft...

Übersicht

  • Bauform: 19", 1HE, Stahlblechgehäuse
  • Einbautiefe: 305 mm
  • Technik: Röhre + Transistor
  • Röhrenbestückung: 2x 12AX7
  • Klangregelung: passiver 3-Band EQ; semiparam. EQ (schaltbar); Deep und Bright Preset
  • Eingänge: Klinke (vorder- und hinterseitig)
  • Ausgänge: Main-Out (Klinke), Biamp- HF-Out und -LF-Out (Klinke), symm. DI-Out XLR
  • Sonstiges: Tuner Out (Klinke), Ground Lift, Effekt Send+Return (Klinke)
  • Gewicht: 5,2 kg

Konzept & Sound

Das Gehäuse des Amps besteht aus recht dickem Stahlblech, was wohl auch das auffallend hohe Gewicht des Gerätes erklärt. Sehr praktisch sind die beidseitig der Front angebrachten verchromten Rackgriffe, welche ein Ein- und Ausbau des Preamps in ein Rack sehr erleichtern. Ein Blick ins Innere des Amps verrät einen aufgeräumten und sauber verarbeiteten Eindruck. Aber das Innere verrät auch, dass es nicht um reine Röhrentechnik handelt, die hier werkelt. So sind auch einige Halbleiter verbaut. 
Insgesamt ist der Preamp sehr "wertig" verarbeitet. Keine billig wirkenden Potiknöpfe (wie an so manch ähnlich teurem Gerät) sondern Knöpfe aus schwarzem Aluminium, edel wirkende Front aus gebürstetem Aluminium und ein sinnvolles Konzept verstärken den Eindruck: Ja, der Preamp ist zumindest haptisch und optisch sein Geld wert!

Die Bedienelemente auf der Frontseite (von links nach rechts):

Der Preamp besitzt einen vorder- und einen rückseitigen Klinkeneingang für den Bass. Somit ist eine "saubere" Verkabelung innerhalb des Racks gewährleistet. Der vorderseitige Eingang hat schaltungstechnisch Vorrang gegenüber dem hinterseitigen Eingang, d.h. ist der Preamp hinterseitig mit den Rackkomponenten verkabelt und wird trotzdem ein Instrument vorderseitig angeschlossen, wird das Signal von diesem Eingang abgegriffen. Auf einen getrennten Eingang für aktive/passive Bässe wurde verzichtet, da die Eingangsempfindlichkeit um -6dB per Druckschalter angepasst werden kann. Des Weiteren steht ein 'Volume'-Poti zur verzerrungsfreien Aussteuerung des Preamps zur Verfügung. 
Der 3-bandige passive Equalizer bietet die Möglichkeit, den bereits sehr guten Grundsound noch zu verfeinern. Das 'Bass'- und das 'Treble'-Poti sind als Push/Pull-Potentiometer ausgelegt. Mit ihnen kann ein "Deep"- und/oder ein "Bright"-Preset aktiviert werden.
Laut Handbuch steht der EQ bei folgenden Einstellungen auf "neutral": 2-10-2 (Bass-Mid-Treble). Ich erwähne dies hier, da es sich um eine rein passive Klangregelung handelt. Die Frequenzbereiche werden lediglich abgesenkt und die Poti-Einstellungen beeinflussen sich gegenseitig. Somit gibt es auch nicht die "klassische" Neutralstellung, wie man sie von aktiven Equalizern kennt. Die Klangregelung ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber wenn man deren Wirkungsweise durchschaut hat, sehr wirkungsvoll und fein justierbar.
Der Grundsound des Preamps ist an sich schon sehr basslastig, aber nicht so, dass es "dröhnig" oder "matschig" wird. Daher braucht man i.d.R. das "Deep"-Preset nicht zu aktivieren. Im Gegenteil: Man wird eher die Bässe ein wenig reduzieren wollen. Ein aktiviertes "Bright"-Preset macht sich nur gering bemerkbar. Der Sound geht nicht voll in die Mitten/Höhen, sondern wird eher dezent durch den Zusatz von kleinen Mitten/Höhen-Nuancen geprägt.
Positiv fällt auf, dass bei allen EQ-Einstellungen der Grundsound des Preamps im wesentlichen unangetastet bleibt. Er bleibt stets deutlich "bauchig" und clean.

 

Mittels eines Schalters an der Frontseite des Preamps oder per Fussschalter kann der 'Tube Overdrive' aktiviert/deaktiviert werden. Ein aktivierter Overdrive wird per LED angezeigt. 'Gain' bestimmt den Grad der Verzerrung und 'Volume' dient zum Anpassung der Lautstärke. Mit 'Blend' kann das cleane Signal ("Vintage") mit dem verzerrten Signal ("Overdrive") stufenlos gemischt werden. Ein nützliches Werkzeug, da so das Bassfundament weitestgehend erhalten werden kann. Wer sich jedoch richtig brachiale Zerrsound mit diesem Preamp verspricht, wird enttäuscht sein. Dem Grundsound werden lediglich "brizzlige" Sounds hinzugefügt. Für Bassisten der "härteren" Gangart ist er daher eher ungeeignet.

Ebenfalls per Fußschalter oder per Taster aktivierbar ist die semiparametrische Klangregelung (aktiviert=LED ON). Eine ähnliche Klangregelung arbeitet u.a. auch im Yamaha PB-1, nur dass diese beim TBP-1 mit nur zwei Regelmöglichkeiten auskommt. Mit 'Freq' wird eine Mittenfrequenz zwischen 80 Hz und 2 kHz eingestellt, die mit 'Level' um ± 15 dB angehoben/abgesenkt werden kann. Diese Art der Klangregelung hat mir bereits beim Yamaha PB-1 sehr gefallen. Sie bewirkt beim Fender Preamp subtile Klangänderungen und kann zur Verfeinerung des Sounds beitragen.

 

'Room Balance' stellt die m.E. wohl wirkungsvollste und nützlichste Klangregelung am TBP-1 dar. In Mittelstellung verbleibend ("Flat") bewirkt er nichts. Wählt man eine Einstellung in Richtung "Deep" werden die Höhen gedämpft und die Bässe gleichzeitig betont. Eine Einstellung in Richtung "Bright" bewirkt das Gegenteil: Die Bässe werden gedämpft und gleichzeitig die Höhen betont. Dies kann sehr nützlich sein, wenn man den gewünschten Sound per EQ gefunden hat und diese nur noch betonen möchte.
'Master' regelt die Gesamtlautstärke des Preamps. Mir ist aufgefallen, dass der Fender TBP-1 einen sehr hohen Output aufweist. So sind Masterstellungen von "Strich" 4 bei einem Input-Volume von "Strich" 4 bei meiner verwendeten Alto D3 und einem "klassischen" Fullstack (115+410) Lautstärke-mäßig völlig ausreichend.
Der Preamp kann bis auf den 'Tuner-Out' entweder per Fußschalter oder per Taster gemutet werden. Dieser Betriebszustand wird durch eine blinkende LED angezeigt.

Die Bedienelemente auf der Rückseite (von links nach rechts)

Der Fußschalter kann per Mono-Klinkenkabel angeschlossen werden. Der Anschluss mittels eines "normalen" Monoklinkenkabels kann ganz nützlich sein, da man so nicht ständig irgend ein (meist zu kurzes) "Spezialkabel" einpacken muss, was man eh immer vergisst. Ein normales Instrumentenkabel ist völlig ausreichend. Und die gibt es ja in den unterschiedlichsten Längen.

Der TBP-1 ist Bi-Amp fähig. Natürlich ist dazu eine entsprechende Verstärkung notwendig, die getrennten Signale für 'LF' und 'HF' stellt der Preamp zur Verfügung. Die Trennfrequenz wird mit 'Frequenzy'zwischen 100 Hz und 2 kHz eingestellt. Die Lautstärkebalance zwischen den beiden Ausgängen wird mit 'Balance' gewählt.

Möchte man die Bi-Amping-Möglichkeit nicht anwenden, bietet der 'Main Output' ein "gebündeltes" Signal zum Anschluss an eine Endstufe.
Der 'Balanced Line Output' ist zur Vermeidung von Brummschleifen mit einem schaltbaren Groundlift vorgesehen. Der DI-Out Abgriff kann nach der ersten Röhre(nstufe)/vor EQ mit der 'Pre'-Tasterstellung oder durch 'Post' hinter dem EQ/Effektloop und vor 'Room Balance'/'Master' gewählt werden. Mit 'Level' wird die Ausgangslautstärke des DI-Outs eingestellt.

Der serielle Effektweg des Preamps kann per Fußschalter aktiviert/deaktiviert werden. Diese Möglichkeit kann man nutzen, um z.B. eine Effektkette aus dem Signalweg zu nehmen oder aber als einfache Boostfunktion zu schalten. Die Signalstärke des Effektweges kann per Taster zwischen -10 dBV und +4 dBu umgeschaltet werden. Die Lautstärke des FX-Return kann mit 'Trim' eingestellt werden.
Übrig bleiben noch ein stets aktiver 'Tuner' - Out und ein weiterer Instrumenten- 'Input', welcher jedoch inaktiv wird, sobald ein Instrument den vorderseitigen 'Input' belegt.

Der Sound des Preamps lässt deutlich vermuten, dass Röhren am Werk sind. Ich möchte nicht behaupten, dass der stets "warme" und "bauchige" Klang des Preamps ausschließlich auf die zwei verbauten Röhren zurückzuführen ist. Dazu sind einfach zu viele Halbleiter verbaut. Was zählt ist letztendlich der Sound (egal wie erzeugt...), und der stimmt. Der Sound ist deutlich basslastig, lässt sich aber dennoch durch den sehr wirkungsvoll arbeitenden passiven 3-Band EQ beeinflussen. Die Vari-Q-Klangregelung kann zur weiteren Verfeinerung des Sounds genutzt werden, was jedoch i.d.R. nicht notwendig ist. Besonders gut gelungen finde ich die 'Room-Balance'. Diese ermöglicht eine schnelle und wirkungsvolle Veränderung des Sounds, ohne dass man die gewöhnungsbedürftige passive Klangregelung verändern muss. 
Der 'Tube-Overdrive' kann den Grundsound ein wenig "knuspern" lassen. Leicht eingestellt ist ein leichter und gut klingender Overdrive möglich. Höhere Gain-Einstellungen sind m.E. jedoch nicht sooo brauchbar. Die Stärken des Preamps liegen m.E. im cleanen Bereich.
Sehr gut ist die wertige und durchdachte Verarbeitung des Preamps sowie die Schaltungsmöglichkeiten per Fußschalter. Aktivierungen werden per LEDs am Preamp und durch LEDs am Fußschalter angezeigt.
Es sind auch bei extremen EQ-Einstellungen so gut wie keine Nebengeräusche auszumachen, perfekt für die Arbeit im Studio.

Fazit

Kleine "Premiere": Dieses Review ist mein erstes Review eines Preamps, welcher noch hergestellt und regulär verkauft wird. Durch seinen hohen Neupreis (ca. 800 Euro) ist er in kleineren Musikalienläden kaum anzutreffen, in größeren Verkaufshäusern auch nur selten. Gebraucht wird der Preamp nur sehr selten angeboten und dann auch noch recht teuer. Hier muss ich (jetzt) jedoch zugeben, dass der Preamp seinen Preis wert ist. In der langen Reihe der Preamps, die ich bisher besessen habe oder noch besitze, steigt der Fender TBP-1 in Sachen Wertigkeit der Verarbeitung und Ausstattung, Grundsound und Klanggestaltungsmöglichkeiten ganz weit nach oben (in meiner fiktiven Punkteskala...). Ich habe zwar meinen "Lieblingssound" mit einem SWR Interstellar Overdrive gefunden, der Unterschied zwischen diesen beiden ist jedoch nur sehr gering.

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