Boss GT-1B

Nachdem ich viele Effekte gekauft, getestet, behalten und doch wieder verkauft habe, hat sich mein derzeitiges Effektboard bis auf drei Effekte verkleinert. Doch hin und wieder möchte ich dann doch den einen oder anderen Effekt einsetzen, nur habe ich ihn gerade nicht zur Hand. Und wenn man nicht genau weiß, welchen Effekt man eigentlich spielen möchte, für die ist ein s.g. Multieffektgerät genau richtig. Nachteile gegenüber Einzeleffekten hin oder her, ein Multieffekt kann mit Vorteilen aufwarten. Wer kennt es nicht: Die Suche nach einem Fehler in der Kette vieler einzelner Effekte? Warum brummt oder rauscht es plötzlich? Warum ist plötzlich alles stumm? Ein Multi kommt ohne aufwendige Verkabelung aus und bietet oftmals noch ein paar zusätzliche hilfreiche Features.

 

Wer sich mit Effekten beschäftigt, kommt zwangsläufig mit Geräten des Herstellers Boss in Kontakt. Seit Jahren schon auf dem Markt vertreten, wird im Prinzip jede Effektabteilung ein entsprechendes Gerät angeboten. Aber auch o.g. Multieffekte hat die Firma Boss seit Jahren im Angebot. So habe ich lange Zeit ein Boss GT-6B gerne gespielt, habe einen Abstecher zu den kleineren und kompakteren ME-50B und ME-20B unternommen, um dann bei einem GT-10B landen. Dieses wurde 2010 vorgestellt und konnte sich die Anerkennung vieler Nutzer erspielen. Seit 2017 hat Boss ein weiteres Multieffektgerät im Angebot, dass hinsichtlich des günstigen Preises eher auf Einsteiger abzielt. 

Übersicht

  • Hersteller: Boss
  • Abmaße: 300 x 150 x 55 (BTH in mm)
  • Gewicht: 1,25 kg
  • Anschlüsse: Input, Output (R/L), AuxIn, PhonesOut, USB, Controller

Konzept & Bedienung

Die Oberseite sowie die Unterseite des Gehäuses bestehen aus Kunststoff. Sämtliche Regler und Knöpfe, selbst das Volumen-Pedal, sind aus Kunststoff gefertigt. Sie wirken stabil und robust, so dass man keine Scheu haben muss, die drei Fußtaster auch wirklich mit den Füßen/Schuhen zu bedienen.

Da gerade mal eine Fläche in etwa so groß wie ein DIN A4 Blatt für sämtliche Bedienelemente inklusive Display zur Verfügung steht, ist es nicht verwunderlich, dass die drei Fußtaster sowie des Expressionpedal eng beieinander (Abstand ca. 5 cm) angeordnet sind.

 

Das Boss GT-1B kann wahlweise mit Batterien oder mit einem Netzteil betrieben werden. Leider gehört ein Netzteil nicht zum Lieferumfang, es muss (falls nicht schon ein Netzteil mit mind. 200mA vorhanden ist) optional geordert werden. Laut Angaben des Herstellers soll das Gerät mit Batterien ca. 7 Stunden seinen Dienst verrichten. Getestet habe ich dies jedoch nicht.

 

Folgende Anschlussmöglichkeiten stehen zur Verfügung:

Der Bass wird am Input angeschlossen. Durch das einstecken eines Klinkensteckers wird das GT-1B eingeschaltet. Ein weiterer on/off-Schalter ist nicht vorhanden. Am Aux In können externe Quellen, z.B. mp3-Player, angeschlossen werden. Phones bietet die Möglichkeit des stummen Spielens im stillen Kämmerlein.

Der Output ist stereo ausgelegt. Hat man eine Mono-Effektkette gewählt, nutzt man den linken Ausgang. Ein weiteres Expressionpedal bzw. ein weiterer Controller kann am CTL2,3/EXP2 Eingang angeschlossen werden. 

Per USB-Buchse kann das Gerät an einem Computer angeschlossen werden. Dazu später mehr.

 

Die Bedienung des GT-1B erfolgt über 15 (!) Tasten, drei Drehreglern und einem Expression-Pedal. Das mag ziemlich viel und verwirrend erscheinen, erklärt sich aber recht schnell.

 

Ganze 99 Preset stehen "ab Werk" (in der Preset-Bezeichnung mit einem "P" gekennzeichnet) zur Verfügung, weitere 99 Speicherplätze können für individuelle User-Presets (mit einem "U" gekennzeichnet) genutzt werden.

Diese werden wahlweise mit den Up/Down-Fußtastern oder dem Drehregler 1 (funktioniert schneller) aufgerufen, wobei im hell erleuchteten Display deren Namen und Nummern angezeigt werden. Mit dem CTL1-Taster kann ein weiterer vorher festgelegter Parameter oder Effekt, z.B. ein Limiter, innerhalb eines gewählten Presets aktiviert werden. Das in den meisten Presets als Volumen-Pedal fungierende Fußpedal kann bei einigen Effekten (z.B. Wah-Wah) zum Expression-Pedal umfunktioniert werden, in dem man es einmal bis zum Ende durchdrückt.

 

Für einen individuellen Wunschsound kann eine Signalkette bestehend aus 6 "Segmenten" erstellt werden, denen die Effekte zugeordnet werden. Diese Signalkette wird mit den ersten sechs Tastern unterhalb des Displays gesteuert.

 

 

  • FX1 / Limiter
  • OD / DS
  • Preamp
  • FX2 / MOD
  • Delay
  • Reverb

 

 

Ist eines der sechs möglichen Segmente durch Tastendruck aktiviert, leuchtet eine kleine rote LED an der linken Ecke des Tasters. Möchte man den gewählten Effekt ändern, hält man die jeweilige Taste etwas länger gedrückt und die Parameter zum Effekt können verändert werden. Die Veränderung der Parameter erfolgt mit den drei Reglern neben dem Display. Sind mehr als drei Parameter änderbar, erreicht man diese, indem man mit dem Enter-Taster die nächste Seite aufruft. 

Die Zuordnung der Effekte innerhalb der Signalkette ist nicht statisch, sie kann durch betätigen der Memory Edit Taste verändert werden. So kann ein Reverb auch an den Anfang der Kette gelegt werden. Effekte können auch mehrfach angeordnet werden. Wer also mehr als nur einen Overdrive nutzen möchte: Bitte schön!

Veränderte (User-) Presets werden gespeichert, indem man die Tasten Write und Enter gleichzeitig betätigt. Anschließend wird man aufgefordert, einen Speicherplatz zu wählen, einen Namen für das Preset zu vergeben und ein paar s.g. Tags zum Preset zu bestimmen. Anhand dieser Tags kann man seine Effekt-Kreation kategorisieren, indem man 

  • die Genre/Stilrichtung (z.B. Jazz, Pop, Blues, Rock, etc.)
  • die Art des "Drives" (clean, crunch, hard, heavy
  • den Effekttyp (z.B. Envelope, Pitch, etc.) 

angibt. Durch diese vergebenen Tags kann eine Schnellauswahl bei der Suche eines gewünschten Effekts erfolgen, indem man die Easy Select-Funktion aufruft. 

So kann man schnell durch Vorauswahl z.B. des Genres entsprechte kategorisierte Effekte wählen und muss sich nicht durch die 99 User-Presets durchklicken.

 

Sehr komfortabel kann die Zusammenstellung bzw. Bearbeitung seines Wunschsounds per Computer erfolgen. Das Boss GT-1B kann per USB-Kabel mit einem Computer verbunden werden. Somit kann mittels der kostenlos erhältlichen Software "Boss Tonestudio" mit dem Gerät kommuniziert werden.

Alle oben beschriebenen Auswahl- und Einstellungsmöglichkeiten können so bequem per Mausklick erfolgen. Zudem kann man auf User-Presets anderer GT-1B Nutzer zugreifen und diese auf seinem Gerät speichern.

Praxis

Ich fand die Möglichkeiten sowie die Soundqualitäten des GT-6B nicht schlecht. Ich hätte auch nicht gedacht, dass es hörbare Unterschiede geben könnte. Das GT-1B beweist es aber. Es klingt deutlich "luftiger" und die Effekte deutlich definierter und weniger "künstlich".

Besonders beeindruckt war ich von den emulierten Preamps. Da ich diese tlw. auch im "Original" besitze und spiele, kann ich die Sounds des GT-1B mit dem "Original" vergleichen. Interessant finde ich ebenfalls die Speaker-Sim. Hier kann z.B. zwischen 115er, 118er, 215er, 410er und 810er gewählt werden. Hörbare und durchaus realistische Unterschiede sind zu hören.

Ich habe mich durch die vorhandenen Werkspresets geklickt und viele gute und brauchbare Sounds entdeckt. Die Möglichkeiten, die das GT-1B bietet, finde ich enorm. Durch die Kombinationsmöglichkeiten (Anzahl der Effekte, Preamps, Speaker-Sims, Effektreihenfolge etc.) sind schier unendlich viele Sounds möglich. Von subtil bis künstlich/kreischend kann im Prinzip jeder Wunsch ermöglicht werden. Natürlich muss man sich ein wenig mit den Einstellungsmöglichkeiten des GT-1B vertraut machen, was aber wiederum sehr schnell gelingt. Durch die selbsterklärende Menüführung auf dem Display des Gerätes klickt und dreht man sich schnell durch sämtliche Effekttypen und Einstellungen.

Ein onBoard-Looper erlaubt das Recorden und die Wiedergabe von Aufnahmen mit max. 32 Sekunden Länge. Da dies aber ein Feature ist, welches ich so gar nicht einsetze, habe ich es auch nicht ausführlich getestet.

Leider gibt es keine Bypass-Schaltung. Möchte man gänzlich ohne Effekte etc. spielen, muss man sich quasi ein "Leer-Preset" erstellen und dies anstelle des Bypasses wählen.

Ebenso vermisse ich einen DI-Out, um das GT-1B direkt mit einem Mischpult verbinden zu können.

Fazit

In Anbetracht des m.E. günstigen Preises (aktueller Ladenpreis ca. 200€) bekommt man mit dem GT-1B eine Menge an Effekten und somit Sounds geliefert. Gängige Einzeleffekte kosten auch gerne mal 100...200 Euro. Konnte man vor ein paar Jahren noch behaupten, dass Einzeleffekte "besser" klingen, ist die Entwicklung jedoch deutlich voran gegangen. Die Soundqualitäten der Multi-Effekte sind mittlerweile derart gut, dass sie durchaus Blindvergleichen standhalten können.

Die Bedienung des GT-1B ist relativ einfach gehalten. Schnell findet man sich innerhalb der Tasten und Drehregler zurecht und Sounds sind somit schnell gefunden.