Vorgeschichte

Wie ich bereits in anderen Threads geschrieben habe, bin ich durch einen geliehenen Ampeg SVT CL auf den "Vollröhrengeschmack" gekommen. Mein damaliges monatliches Einkommen reichte natürlich nicht aus, um sich einen derartigen Amp zu leisten. Also testete ich eine Reihe Bodentreter und auch viele (Röhren-)Preamps, um dem Klang eines Röhrenverstärkers näher zu kommen. Na ja, oftmals blieb es bei der Testerei, eine 100%ige Annäherung war halt so nicht möglich.


Später, das monatliche Einkommen ließ es jetzt zu, konnte ich mich auf dem Vollröhrenmarkt nach einem (für mich) geeignetem Angebot umschauen. Schnell wurde aufgrund vieler Berichte und Reviews klar, dass es unbedingt ein Sunn 300T sein muss. Nur musste ich feststellen, dass dieser nicht mehr hergestellt wurde. Na ja, das stimmt sooo nicht ganz. Der im Bassbereich allgegenwärtige Equipmenthersteller Fender hat die kleine Marke Sunn nebst allen Markenrechten gekauft. So wird der Sunn 300T jetzt als Fender Bassman 300 Pro angeboten und auch noch verkauft.

Der Amp

Auch bei diesem Amp hielt ich es wie bei den vorherigen: Ich holte ihn persönlich beim Verkäufer ab. Ok, die Abmaße des Trace Elliot V8 fand ich ja schon gewaltig: Der Fender legt noch ein wenig nach...

 

  • Bauform: Topteil im Holzgehäuse, schwarzer Vinylbezug, 2 Kunstleder-Tragegriffe
  • Technik: Röhre/Transistor
  • Maße: 65 x 26 x 40 (BHT, cm)
  • Gewicht: 34 kg
  • Röhrenbestückung: 6 x 6550, 3 x 12AX7, 1 x AT7
  • Leistung: 300 Watt an 2, 4 o. 8 Ohm
  • Eingänge: Klinke
  • Ausgänge: Speaker (Klinke), Line Out (Klinke), DI-Out (XLR)
  • Klangregelung: Bass, Höhen, 10-Band Graphic EQ
  • Effektweg: 1x mono seriell
    Sonstiges: 2-Band Kompressor (schaltbar), Impedanzumschalter (2/4/8 Ohm)

Konzept & Sound

Anders als bei den sonst eher spartanisch ausgestatteten Trace Elliot V-Types bietet der Fender ein paar mehr Einstellungsmöglichkeiten.

Dazu mehr:

Input

Für den Anschluss eines Basses steht ein Klinkeneingang zur Verfügung. Bei pegelstarken Bässen kann per Schalttaste die Eingangsempfindlichkeit abgesenkt werden.
Der Bassman bietet zwei Eingangsstufen, welche einzeln geschaltet werden können (Channel Select), welche aber auch stufenlos miteinander gemischt werden können (Channel 1/2 Mix). Es kann nicht zwischen den beiden Kanälen geschalten werden. Zum stets aktiven Kanal 1 kann der Kanal 2 aktiviert werden. Mit dem Mix-Regler kann von 100% Kanal 1 zu 100% Kanal 2 stufenlos "geblendet" werden.
Kanal 1 bleibt in weiten Teilen eher clean, während Kanal 2 als Overdrive ausgelegt ist, welcher früh aber sanft einsetzt. Channel 1 Volume bzw. Channel 2 Volume regeln die Signalstärke, mit Channel 2 Gain kann der Zerrgrad im Kanal 2 eingestellt werden.

Equalizer

Klein, fein, aber wirkungsvoll. Das erreicht man mit "nur" zwei Reglern. Der Amp bietet die Möglichkeit der Klangeinstellung mit einem Low- und einem High- Regler. Zuerst dachte ich, dass das nur Spielerei sei und irgendwie ein Mitten-Bereich fehlte. Jedoch muss ich gestehen, dass diese äußerst spartanische Regelung völlig ausreichend sein kann. Ok, mit Deep, Bright und Mid Notch kann noch ein wenig nachgeholfen werden. Die Betonung der tieferen Bereiche sollte man vorsichtig angehen, da hiermit die Bässe ordentlich in den Vordergrund gestellt werden, was einigen Speakern zu schaffen machen könnte. Wirkungsvoll dagegen ist die leichte Absenkung der Mitten bei Beibehaltung der Tiefen und Höhen.
Der 10-Band Graphic Equalizer kann per Taster / Fussschalter aktiviert werden. Eine LED zeigt den aktivierten EQ an. Die Frequenzbereiche sind gut abgegrenzt und unterteilt, die Fadingbereiche sind nicht zu weit, aber auch nicht zu schmal ausgelegt. Zusätzlich können mittels des EQ Trim Faders Lautstärkesprünge ausgeglichen werden.
Ich habe den Graphic EQ i.d.R. immer aktiviert, da so der Klanggestaltung ein paar mehr Nuancen zu entlocken sind.

Kompressor

Dass eine Vollröhre auch mit einem wirkungsvoll arbeitenden Kompressor ausgestattet sein kann, ist mir vom Trace Elliot V8 bekannt. Nur im Gegensatz zum V8 handelt es sich beim Fender um einen Zweibandkompressor (Trennfrequenz 400 Hz). Der Kompressor ist per Schalttaste oder Fussschalter aktivierbar. Das Kompressionsverhältnis kann für den Bassbereich sowie für den Höhenbereich separat durch getrennte Regler eingestellt werden. Mit Comp Eq Bal können die beiden "komprimierten" Bänder wieder stufenlos gemischt werden. Die Input Level leuchtet grün, sobald der Schwellenwert des Kompressors erreicht wird. Leuchtet sie rot, ist die Vorstufe übersteuert, so dass diese mit den Input Reglern der Input-Sektion eingestellt werden muss. Comp Gain Trim dient zur Aussteuerung eventueller Lautstärkesprünge, die sich aus der Aktivierung des Kompressors ergeben.
Tuner Only schaltet die Masterlautstärke stumm, so dass nur noch ein Signal am Tuner out (Rückseite) anliegt. Die Gesamtlautstärke wird mit Master Volume geregelt.

Die Rückseite des Amps ist realtiv übersichtlich gestaltet:

Vielleicht nicht praktisch, dafür aber sinnvoll ist die Anordnung des Power-Schalters auf der Rückseite des Amps. So kann es nicht zum versehentlichen Ausschalten des Amps bei laufendem Betrieb kommen. (Es hat sich bewährt, erst den Amp in den Standby-Modus zu schalten und dann auszuschalten...).
Neben Send und Return des seriellen Effektweges bietet der Amp noch einen Power Amp Pass Through, welcher ein Line-Signal bietet, welches hinter der Vorstufe abgegriffen wird.

Der Direct-Out kann vorderseitig pre/post EQ geschalten werden und wird einmal symmetriert (XLR) und unsymmetriert (Klinke) zur Verfügung gestellt. Mit dem Impedanzwahlschalter können 2/4/8 Ohm eingestellt werden.

Die Bias Einstellung des Amps nach einem Röhrenwechsel (nur durch fachkundiges Personal!) kann von "außen" des Amps durchgeführt werden. Unter einer Abdeckung befinden sich entsprechende Kontrollpunkte und Trimmpotis.
Auch der Fender besitzt wie der Trace Elliot V8 ein "Failure Managementsystem". Neben den Endstufenpaaren zeigt eine LED an, ob das Röhrenpaar korrekt arbeitet (grün) oder ob ein Fehler vorliegt (rot).

Ehrlich gesagt: Ich habe mir den Bassman aus reiner Neugier gekauft (und natürlich weil ich ihn schon immer mal besitzen wollte). Ich habe gedacht, dass bestimmt nur ein riesen Hype um diese Sunn300T / Bassman300 Amps gemacht wird, weil sie so selten sind. Aber ich wurde nicht enttäuscht.
Der Amp klingt richtig gut und bietet Power pur. Ich bevorzuge das "klassische" Fullstack, bestehend aus einer 115er und einer 410er, welches m.E. richtig gut geeignet für Vollröhren ist. Erstaunlich ist, wie nebengeräuscharm der Amp arbeitet. Während in den V-Types ein Radiallüfter werkelt, kommt der Fender absolut ohne aktive Kühlung aus. Auf dem ersten Blick abschreckend wirkt die überladene Bedienfront des Amps, hat man jedoch seine Einstellung gefunden, was recht schnell geschieht, wird man ohne große Einstellerei auskommen.
Sehr gut gelungen ist die Möglichkeit, den weitestgehend cleanen Kanal 1 mit dem getrennt regelbaren Overdrive Kanal 2 stufenlos mischen kann. Ich bin kein großer Freund von Basszerren, aber ein leichter Overdrive kann es ruhig mal sein. Diesen beherrscht der Bassman sehr gut, ansonsten wird es bei höhreren Zerrgraden dann für meinen Geschmack etwas zu kratzig. Das kann dann der V8 besser... Sehr gut gelöst und brauchbar ist die Möglichkeit, den Kanal 2 per Fussschalter zu aktivieren, so stehen quasi zwei Presets zur Verfügung.
Der Fender Bassman 300 Pro färbt den Sound deutlich weniger ein, als z.B. die V-Types. Während ein V6 deutlich "bauchig" und dick nach Vollröhre klingt, bleibt der Fender cleaner. D.h. nicht, dass der Vollröhrencharakter nicht zu vernehmen ist. Er besitzt dieses typische leichte Kompressionsverhalten von Vollröhrenamps, ist jedoch deutlich direkter als so manch anderer Kandidat.
Da ich großer Fan von Kompressoren bin (ein Feature, welches ich immer benutze), freut es mich sehr, dass der Zweibandkompressor des Amps sehr gute Arbeit verrichtet. Die Einstellungsmöglichkeiten reichen von unauffälliger Arbeitsweise bis zur deutlichen kompressionsarbeit.

Fazit

Im direkten Vergleich mit einem Trace Elliot V6 und Trace Elliot V8 würde ich den Bassman zwischen diesen beiden Amps einordnen. Er deckt das "schwere" und "bauchige" des V6 mit der "Direktheit" und "Härte" des V8 ab. Die V-Types sind eher basslastig ausgelegte Amps, während der Fender da deutlich ausgeglichener klingt. Ich sehe den Amp als Allrounder, da mit ihm aufgrund seiner vielseitigen Einstellungsmöglichkeiten, die seine reichhaltige Ausstattung bietet, eine große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten abgedeckt werden können.
Mit 34 kg ist er nicht gerade ein Leichtgewicht. So kann man die seitlich angebrachten Kunstledergriffe eher als "Witz" bezeichnen, da sie absolut unpraktisch sind.