Vor einiger Zeit habe ich mir den Ashdown CTM15 als Übungsamp gekauft. Überzeugt von dem sehr guten Sound des
Winzlings interessierte ich mich recht schnell auch für den etwas leistungsstärkeren Little Bastard 30. Dieser schöpft seine Leistung von 30 Watt aus 4 x EL84 Röhren. Mir schwebte ein Röhrenamp
vor, der leistungsstark genug für "zu-Hause-Sessions", für den Probenraum und für den einen oder anderen Gig ist.
Der Little Bastard 30 wird in einigen Foren eben genau so beschrieben. Ein
günstiges Angebot erfüllte seinen Zweck und ich habe mir diesen Amp gekauft. Überrascht stellte ich jedoch fest, dass er im Vergleich zum CTM15 gaaanz anders klingt.
Wie schon der CTM15 wird auch dieser Amp in China hergestellt. Und auch
bei diesem Amp sind keine Anzeichen für mangelnde Qualität oder Verarbeitungsfehler zu finden. Das Metallchassis des Amps, bei welchem die frontseitige verchromte Blende und das hinterseitige
Lüftungsgitter fest miteinander verbunden sind, ist wie bei den "großen" Vollröhren in einem Holzgehäuse verbaut. Dieses ist mit einem strapazierfähigen Tolex bezogen, die Ecken sind mit
Metallkappen gegen Stöße gesichert.
Ein obenseitig angebrachter Tragegriff erleichtert den
Transport.
Auf den ersten Blick erscheint der Amp recht kompakt, er wiegt jedoch
ganze 15kg. Der größte Anteil des Gewichts scheint auf die beiden verbauten Trafos zu entfallen. Diese sind nicht auf der Längsachse des Amps angebracht, so dass der Amp bei der Verwendung des
o.g. Tragegriffes nach hinten "kippt". Da die Endstufenröhren nicht aktiv gekühlt werden, wurde ebenfalls oberseitig über der Position der Röhren ein Lüftungsgitter angeordnet. Man glaubt gar
nicht, wieviel Wärme selbst die vergleichsweise kleinen EL84 im Betrieb erzeugen können...
Im Gegensatz zum CTM15, der zwar als "all-valve" angepriesen und verkauft
wird, aber dennoch nur über eine Röhren-betriebene Endstufe verfügt, ist der Little Bastard tatsächlich eine Vollröhre.
Der Blick ins Innere des Amps verrät mal wieder: Für eine gut klingende
Vollröhre bedarf es nicht vieler Bauteile. Die Platine ist sauber angeordnet und verarbeitet, die Verkabelungen sind ordentlich vollzogen. Als Endstufenröhren werden vier Röhren des Typs EL84
verwendet. Diese Röhren sind relativ verbreitet und zudem auch noch kostengünstig. Bei Bedarf gestaltet sich der Tausch der Röhren recht einfach. Da eine BIAS-Einstellung entfällt, spart man sich
den Techniker.
Die Bedienung ist herrlich einfach (wenn man passive Equalizer
mag...):
Es sind getrennte Eingänge für aktive oder passive Bässe vorhanden. Ein
wichtiges Detail, da eine Gain-Eingangsregelung fehlt. Bevorzugt man cleane Sounds sollte man bei der Verwednung von aktiven Bässen unbedingt den "High"-Eingang nutzen, da es sonst recht
schwierig wird, dem Amp cleane Sounds zu entlocken.
Des weiteren findet man auf der Vorderseite den Ein- und den Ausgang des
Effektweges.
Beim Equalizer handelt es sich um einen rein passiven 3-Band EQ. Etwas
ungewöhnlich ist die Reihenfolge der Anordnung Middle, Bass und Treble. Zu jedem EQ-Band ist ein "Shift"-Kippschalter angeordnet, mit welchem die Wirkfrequenz des jeweiligen Bandes geändert
werden kann. Dies bedeutet beim "Mid Shift" in der oberen Stellung des Schalters, dass eine höhere Mittenfrequenz gewählt wird. "Bass Shift" sorgt in der oberen Stellung dafür, dass die eine
tiefere Bassfrequenz gewählt wird und "Bright" sorgt für einen höheren Ansatzpunkt der Treble-Frequenz. Die Shift-Möglichkeiten stellen ein wichtiges Werkzeug bei der Soundformung dar, da sie
tlw. recht kräftig eingreifen (z.B. der Bass-Shift) oder das i-Tüpfelchen darstellen ("Bright").
Bei der Bedienung des 3-Band Equalizers muss man wissen, dass die
Reglerstellung "12 Uhr" nicht mit "neutral" gleichzusetzen ist. In dieser Stellung (alle Shift-Schalter unten!) erhält man eine richtig fett ausgeprägte Badewanne: kräftige Bässe, spitze Höhen
aber (fast) keine Mitten. Ist jetzt nicht unbedingt mein Soundgeschmack...
Ich habe lange gebraucht (die Regler beeinflussen sich gegenseitig...)
bis ich die Reglerstellung Bass: 11 Uhr, Mitten: 9 Uhr und Höhen: 9 Uhr als (annähernd) Neutralstellung gefunden habe.
Zu guter Letzt finden sich noch ein Masterregler nebst Mute-Schalter und
das Ashdown-typische VU-Meter auf der Vorderseite.
Wie beim CTM15 ist kein Standby-Schalter vorhanden. Im Vergleich z.B. zu KT88 Röhren sind die
EL84 deutlich kleiner und heizen sich daher schneller auf. Einschalten, ca. 20 sek warten, spielen!
Die Rückseite des Amps ist ähnlich übersichtlich gehalten:
Es sind neben Netzanschluss und Ein-/Ausschalter lediglich Anschlüsse für
die Boxen (Klinke, 4 oder 8 Ohm) und für den DI-Out vorhanden. Die Speaker-Outputs sind nicht parallel verschaltet. Beide Ausgänge dürfen nicht zeitgleich verwendet werden.
Der DI-Out wird per Extrawicklung vom AÜ abgegriffen und ist somit
post-EQ. Die Abnahme des DI-Outs sorgt auf dem DI-Signal für einen "butterweichen" Sound. Sollte man mögen...
Der Little Bastard 30 überraschte mich schon ein wenig. Dies tat auch
schon der CTM15. Nur blieb der CTM15 stets recht Mitten-präsent und dieses Vollröhren-typische Tiefenfundament fehlte mir ein wenig. Anders ist es beim Little Bastard. Dieser klingt völlig anders
als der kleinste Ashdown-Ampzwerg. Egal wie man den EQ bemüht, der Little Bastard klingt gut. Das mag sich jetzt pauschal und leicht daher gesagt anhören, aber auch nach 1 1/2 Monaten (fast
täglichen Gebrauchs) bin ich schwer begeistert von diesem Amp. Er klingt eigentlich wie ein 300 Watt-Bolide, erzeugt aber nicht dieses "im Standgas"-Feeling so eines
Leistungs-Protzes.
Als Übungsamp ist er eigentlich schon wieder zu leistungsstark, erzeugt
im "leisen Betrieb" dieses fette Tiefmitten-betonte Röhrenfeeling. Im Probenraum gespielt und gegen Gitarre und Schlagzeug ankämpfend kommt der Amp schnell an seine hörbaren Grenzen. Aber
dennoch: Das Teil ist wirklich laut! Spielt man alleine im Probenraum (angeschlossen habe ich eine 410er und eine 115er) und dreht den Master so weit auf, bis der Zeiger des VU-Meters kurz vorm
roten Bereich ausschlägt, könnte man meinen, dass der Amp laut genug für den Bandkontext sei. Aber es fehlt ihm dann bei einsetzender Band-Tätigkeit das Durchsetzungsvermögen. Sobald man in den
roten Bereich des VU-Meters gerät, setzt eine leichte (und sehr weiche) Zerre ein, die jedoch ein wenig an Bassfundament verliert.
Der Sound des Amps bleibt stets recht basslastig, jedoch ohne "dröhnig"
zu werden. Nachdem man sich mit dem passiven EQ beschäftigt hat, kann man feinste Nuancen im Sound einstellen.
Um leicht angezerrte Sounds auch schon bei moderaten Lautstärken zu
erreichen lohnt es sich, z.B. einen aktiven Bass im Low-Eingang einzustöpseln. Somit setzt die Zerre schon viel früher ein. Die Zerrsound klingen sehr komprimiert und weit ab von kreischender
Säge, jedoch verliert der Amp dann deutlich an Fundament und noch mehr an Durchsetzungskraft.
Sehr gut finde ich den DI-Out. Er klingt bei weitem nicht so steril, wie
die meisten DI-Outs, die ich kenne. Jedoch ist der Sound schon deutlich eingefärbt und man sollte wissen, ob man das auf Dauer möchte.
Ich habe mich aufgrund des sehr guten Sounds und der brauchbaren Mehrleistung des Little
Bastards zum Verkauf des CTM15 und zum Verbleib des LB30 entschieden. Er entspricht zwar nicht von den äußeren Abmaßen her gesehen meinen Vorstellungen eines Schreibtisch-tauglichen Übungsamps à
la Hughes & Kettner Bassmaster oder Ashdown CTM15, aber er ist leistungsfähiger als beide Amps und entspricht mehr meinen Soundwünschen als es
der CTM15 bewerkstelligen kann.
Der Ashdown Little Bastard kostet neu aktuell knappe 650 Euro. Auf dem Gebrauchtmarkt sind
sie selten zu finden, da sie (wahrscheinlich) aufgrund der wenigen Leistung eher ein Nischenprodukt darstellen.
03.2014