Gallien Krueger 400RB

Leider fing meine Bekanntschaft mit einem Gallien Krueger recht negativ an: Mein damaliger GK-Amp ging im wahrsten Sinne des Wortes in Rauch auf. Nicht nur einmal, auch ein zweites Mal ließ mich dieser Amp im Stich. Mein "Vertrauen" in GK-Amps war somit schnell dahin. Eigentlich schade, denn der Sound der Amps hatte mich schnell überzeugt.

Lange Zeit habe ich einen Gallien Krueger 2001 RBP, der Vorstufe des 2001RB, gespielt. Aber irgendetwas fehlte am typischen Gallien Sound. Also fing ich an, Ausschau nach den alten ursprünglichen GK Amps zu halten. Es dauerte nicht lange und ich konnte preisgünstig einen 400RB erwerben.

Übersicht

  • Bauform: 19" Topteil, für Rackmontage geeignet (Rackwinkel optional)
  • Technik: Transistor
  • Leistung: 200 Watt an 4 Ohm
  • Maße: 440 x 88 x 240 mm (BHT)
  • Gewicht: 7 kg
  • Klangregelung: Bass, LoMid, HiMid, Treble, Presets LoCut, MidContour, HiBoost
  • Eingänge: Klinke (10dB Absenkung schaltbar)
  • Ausgänge: Direct (Klinke), Speaker Out (Klinke)

 

 

Konzept

Es gibt durchaus optisch ansprechendere Tops als den 400RB. Bei dessen Entwicklung hat man wohl ganz die Road-Tauglichkeit in den Vordergrund gestellt und somit den Amp auf das Notwendige reduziert.

Als Material für das kantige Chassis wurde dickwandiges Blech verwendet. Der großzügig dimensionierte Trafo ist wahrscheinlich für den Großteil des vergleichsweise geringen Gewichtes von knappen 7kg verantwortlich. 

Große Gummifüße auf der Unterseite sorgen für einen sicheren Stand, ein seitlich angebrachter Tragegriff erleichtert den Transport des Amps ungemein.

Der Amps ist rackfähig. Zur Montage in einem Rack (mindestens 2HE) sind optional erhältliche Rackwinkel notwendig.

Etwas grobschlächtig und nicht mehr ganz in die heutige Zeit passend wirken die rückseitig angebrachten Kühlrippen. Diese ermöglichen jedoch im Gegensatz zum aktuellen 400RB-Modell den Lüfterlosen Betrieb des Amps.

 

Gallien Krueger setzte anfangs ganz auf Verstärkung ohne Röhren im Signalweg und zog dieses Konzept auch Jahrzehnte lang durch:

 

 

Endstufe sowie Vorstufe sind rein Transistor-basierend aufgebaut. Röhren kamen bei Gallien Krueger erst viiiel später ins Spiel...

 

Die Vorderfront des Amps ist übersichtlich und absolut Bedienerfreundlich aufgebaut. Nur wenige aber dennoch wirkungsvolle Bedienelemente stehen zur Verfügung.

 

Zum Anschluss des Basses ist linksseitig ein Klinkeneingang vorhanden:

Bei der Verwendung von Output-starken Bässen kann die Eingangsempfindlichkeit per Druckschalter um 10dB abgesenkt werden. Die weitere Eingangsempfindlichkeit wird mit Volume geregelt.

 

Als erstes wichtiges Werkzeug zur Klangformung können die drei zur Verfügung stehenden und per Druckschalter aktivierbaren Presets LoCut, MidContour und HiBoost gewählt werden.

LoCut beschneidet deutlich hörbar den Tiefbassanteil. Dies kann manchmal bei Probenräumen oder Gigs mit schwierigen akustischen Verhältnissen DIE Lösung darstellen: das tieffrequente Wummern wird verhindert, der Amp gewinnt deutlich an Durchsetzungskraft. Allerdings könnte in einigen Fällen genau das gewünschte "dicke" Bassfundament zu sehr beschnitten werden.

MidContour macht genau das, was viele andere anders betitelte und beliebte Presets an anderen Amps auch machen: Die Mitten werden deutlich abgesenkt (bei ca. 500 Hz), der typische Badewannensound entsteht.

HiBoost drängt sich für meinen Geschmack zu sehr in den Vordergrund und der Sound wirkt schnell zu knallig und spitz. Gerade bei der Verwendung meiner Music Man Bässe klingt es dann schnell "übertrieben"...

 

Der 4-Band EQ ist gut abgestimmt und verrichtet wirkungsvoll seinen Dienst: 

Die Bänder des Equalizers sind wie folgt aufgeteilt: 

  • Bass ( @ 60Hz),
  • LoMid ( @ 250Hz)
  • HiMid ( @ 1 kHz)
  • Treble ( @ 4 kHz) 

Gallien Krueger spezifisch ist das s.g. Boost-Feature:

 

Im Prinzip wird das Signal nach dem Equalizer stufenlos (bis 15dB) verstärkt und somit die Endstufe des Amps "angeblasen". Der Amp wird lauter und verlässt den bis dahin cleanen Sound-Bereich, es entsteht gleichzeitig ein "rotziger" Overdrive-Sound, der angenehm weich und niemals übertrieben klingt. Der typische GK-Growl halt...

Die Boost-Funktion kann per Fußschalter aktiviert/deaktiviert werden. Ist kein Fußschalter angeschlossen, bleibt die Boost-Funktion aktiviert.

 

Die Rückseite des Amps ist ähnlich übersichtlich wie die Vorderseite aufgebaut:

Lediglich die Anschlüsse (Klinke) für den Effektweg, den Direct-Out und für die Speaker sind vorhanden.

Der Amp kommt ganz ohne aktive Kühlung aus uns setzt ganz auf passive Kühlung durch einen rückseitig angebrachten Kühlkörper mit recht weit abstehenden Kühlrippen. Transportiert man den Amp ohne Rack, empfand ich diese Rippen als störend.

Sound

Mit umlegen des On/Off Schalters ertönt ein sattes "Plopp"-Geräusch aus den Speakern. Schaut man sich genauer die "Pappen" an, könnte man meinen, dass sie fast aus dem Chassis springen. Na ja, scheint ein typisches GK-Phänomen zu sein, welches ebenfalls beim 800RB und dem 400RB IV zu beobachten ist.

Aufgrund der passiven Kühlung ist kein störendes Lüftergeräusch zu vernehmen, das Rauschverhalten des Amps ist sehr niedrig.

Alle Klang-Regler auf neutral bzw. ohne aktivierte Presets und Boost=0 klingt der Amp satt mit einer leichten Neigung hin zu den Mitten. Der Sound ist clean sehr durchsetzungsfähig.

 

Mit aktiviertem LoCut werden die Tiefbässe hörbar beschnitten. Der Sound wird dadurch weniger bassig, bleibt jedoch mit ordentlichem Fundament erhalten. LoCut kann äußerst hilfreich sein, wenn man z.B. auf Bühnen mit Holzfußboden steht oder man ungünstig in einer Ecke der Location platziert wird.

 

MidContour wurde schnell zu meinen "dauerhaft-an-Preset". Die Mitten werden im Bereich um 500Hz gesenkt, so dass die Bässe/Tiefmitten/Höhen etwas stärker zur Geltung kommen. Gerade mit meinen Höhen-lastigen Music Man Bässen erhalte ich so einen schönen runden Rocksound, der sich im Bandgefüge gut durchzusetzen weiß.

Bei vielen anderen Amps sind mir diese gleichartigen Badewannen-Preset tlw. zu heftig abgestimmt, so dass man mit diesen Presets oftmals aufgrund der fehlenden Mitten gerne mal im Bandgefüge untergeht.  

 

HiBoost ist für mich unbrauchbar. Ich muss jedoch gestehen, dass ich Sounds bevorzuge, bei denen die Höhen nicht zu sehr in den Vordergrund treten. Ich benutze dieses Preset nicht und pegel bei Bedarf die Höhen per 4-Band EQ ein.

 

Die Aufteilung der Frequenzbänder des 4-Band Equalizer wurde m.E. geschmackvoll gewählt. Die Regelweite der einzelnen Potis erlauben jetzt nicht unbedingt drastische Soundveränderungen, sie ermöglichen jedoch eine feinfühlige Einstellung des Wunschsounds.

 

Der Sound des Amps bleibt im Prinzip immer clean, es sei denn, ma dreht ein wenig am Boost-Poti. Die Lautstärke wird angehoben, gleichzeitig wird der Sound rauher und weicher jedoch keineswegs kratzig oder künstlich crunchig. So erinnert der 400RB leicht an einen hart gefahrenen Röhrenamp kurz bevor dieser anfängt zu zerren. 

 

Erstaunlich ist die erreichbare Lautstärke des Amps. Angeschlossen an einer 410er (8Ohm) reichen die dann anliegenden ca. 130 Watt locker, um sich in einer lauten Band zu behaupten. Mit einer zusätzlichen 410er geht so richtig die Sonne auf und man wird gebeten, doch ein wenig leiser zu spielen.

 

Fazit

Mit dem 400RB und insbesondere mit dem gleichzeitig hergestellten 800RB hat sich Gallien Krueger bei vielen Bassisten einen sehr guten Ruf erarbeitet. Beide Amps wurden über viele Jahre in hoher Stückzahl verkauft und erwiesen sich als zuverlässige und vielseitige Amps.

 

Der 400RB ist relativ häufig auf den Gebrauchtmärkten für schmales Geld zu finden. Er kommt in kompakten Abmaßen und mit relativ geringem Gewicht daher, weiß aber durch einen satten und fetten Ton zu überzeugen. Gerade in Verbindung mit der Boost-Schaltung eignet er sich m.E. hervorragend als Bass-Verstärkung in Rockbands. 

 

 

05/2016