Während meiner Bassistenlaufbahn habe ich immer wieder das Bedürfnis
verspürt, meine kleine Basssammlung durch einen akustischen bzw. semiakustischen Bass zu erweitern. Den Plan, einen rein akustischen Bass (mit Tonabnehmer) zu erwerben verwarf ich schnell, da mir
diese meist zu klobig waren. Also fiel mein Augenmerk schnell auf die semiakustischen Bässe.
Als großer Beatles-Fan hatte ich natürlich auch gleich einen "Violinbass"
im Visier, doch kam ich mit dem Handling überhaupt nicht klar. Der Bass war mir nun eindeutig zu klein, irgendwie unförmig...
Dann hatte ich das Glück, zwei semiakustische Bässe gleichzeitig testen
zu können: Die Testkandidaten waren ein Johnson JB-GBS und einen Epiphone Jack Casady. Ich muss leider sagen, dass ich von meinem Favoriten, dem Jack Casady klanglich doch recht enttäuscht wurde.
Der Bass entsprach einfach nicht meinen Sound-Vorstellungen. Hinzu kam, dass er mir aufgrund der größeren Korpusabmaße auf Dauer etwas zu unhandlich wurde.
Der Johnson JB-GBS war ein echter Glücksgriff. Der Bass stand unbeachtet
in einer Ecke eines Musikhauses und kostete nur 200 Euro + Aussage des Verkäufers: "Den will eh keiner haben…". Also was solls, bei 200 Euro kann man nichts falsch machen, und nahm ihn mit. Der
Bass war gut verarbeitet, klang gut war aber unheimlich Feedback-anfällig, dass man ihn bei laufendem Amp nicht aus der Hand legen durfte udn ständig auf der Hut sein musste.
"Ober-Ausschluss-Kriterium" fast aller erhältlichen semiakustischen Bässe
ist die Tatsache, dass ich mit Viersaitern auf längere Sicht überhaupt nicht klarkomme. Erfreut nahm ich daher zur Kenntnis, dass Warwick einen 5-saitigen "Star Bass"*) betitelten Semiakustik-Bass ins Programm aufnahmen. Die Freude sank rapide, als
ich das erste Mal den Preis dieses Basses las: um die 4.000 Euro. Autsch, das ist viel.
Kurze Zeit später wurde ein Star Bass in der s.g. ProSerie aufgelegt. Es
handelt sich hierbei um hochwertig gefertigte Bässe (Made in Korea) im bezahlbaren Rahmen.
*) Die Bezeichnung "Star Bass" rührt von den 1956 erstmalig vorgestellten
semiakustischen "Thinline"-Bässen der Traditionsmarke Framus. Diese Bässe zeichneten sich u.a. durch ihr geringes Gewicht und den angenehm schmalen Hälsen aus. Dies waren u.a. auch die Kriterien
des Rolling Stones Bassisten Bill Wyman, der aufgrund seiner schmalen Hände diesem Bass lange den Vorzug gab. Ein Segen für den Instrumentenbauer Framus, denn nun wurde der Star Bass mit seinem
Nutzer berühmt. Ein paar Jahre später meldete die Firma Framus den Konkurs an, wurde jedoch 1995 von Warwick "wiederbelebt". (Das geschah nicht von ungefähr, liegen doch beide Firmen in einer
Familie…) Selbst der berühmte Framus "Bill Wyman Star Bass" 5/150 wird 2012 wieder als Reissue angeboten.
Wer jetzt von einem Holllow-Body Bass ein geringes Gewicht erwartet, wird
enttäuscht sein. Der Star Bass wiegt amtliche 4,4 kg und ist somit nicht leichter, als "herkömmliche" Solid-Body Bässe. Im Vergleich zum Jack Casady oder zum Johnson Bass fallen die Abmaße des
Bodys ein wenig kleiner aus, er wirkt dadurch handlicher. Der Korpus besitzt gewölbte Decken und ist im Mittel ca. 4 cm hoch.
Die Halsabmaße sind wie bei einem Fünf-Saiter üblich etwas größer
ausgefallen, im Vergleich zu meinen derzeitigen Hauptbässen (Fender Roscoe Beck V und Fender American DLX Precision V) ist der Hals im 12. Bund mit 63 mm immer noch breit, aber nicht ganz sooo mächtig.
Der eingeleimte Hals ist rückseitig lackiert, wirkt jedoch nicht "klebrig" und erlaubt auch ein "schnelles Spiel".
Der Bass hängt recht ausgewogen im Gurt ohne kopflastig zu wirken. Dazu
tragen sicherlich die zierlich aussehenden Warwick Mechaniken bei. Die Kopfplatte ist leicht abgewinkelt, daher kann getrost auf einen Saitenniederhalter verzichtet
werden.
Der Sattel "Just-A-Nut III", kurz JAN III genannt, ist eine Entwicklung
aus dem Hause Warwick. Er besteht aus zwei Teilen: Ein Unterteil welches mit dem Hals verbunden ist (verklebt?) und ein Oberteil, welches durch zwei Schrauben in der Höhe verstellt werden kann.
Der Sattel wird in unterschiedlichen Materialien angeboten. Der hier verwendete Sattel ist aus Tedur, einem Kunststoff gefertigt.
Einstell-Friemel-Freaks kommen somit auf ihre Kosten, da so die
Saitenlage um einiges mehr nach Belieben eingestellt werden kann.
Als störend empfinde ich die Gurtbefestigung am Bass. Wie bei einigen
anderen Hollow-Body Bässen auch ist der vordere Gurtpin in Höhe der Halstasche angebracht. Zum einen ist der Gurt, wenn man nicht unterschiedliche Gurte für seine jeweiligen Bässe nutzt, sobald
er am Bass befestigt ist, um 90° verdreht und zum anderen muss man den Gurt aufgrund der ca. 15 cm tiefer liegenden vorderen Befestigung die Gurtlänge verstellen, wenn man seine gewohnte
Bass(höhen)haltung beibehalten möchte. Da ich nur einen Gurt für alle meine Bässe benutze, empfand ich dies als recht störend.
Jetzt sollte man von einem Hollow-Body Bass nicht erwarten, dass er sich
genau wie ein wohlgeformter Jazz-, Precision Bass oder MM Stingray den Körperausrundungen seines Spielers anpasst. Weit gefehlt, denn der Body kann kein Shaping aufweisen, er ist eher "klobig"
und "kantig". Na ja, eigentlich sind das Attribute, die ich bei der Bodyform (eines Basses) bevorzuge. Manch anderer mag es vielleicht nicht.
Werkseitig ist der Bass mit Warwick Security-Locks ausgerüstet, die nicht
kompatibel zu den weiter verbreiteten Schaller Security-Locks sind.
Beim Star Bass wird, wie auf vielen anderen Warwick
Bässen auch, eine 2-teilige 3D Brücke verwendet. Sie erlaubt u.a. eine schnelle und einfache Feineinstellung der Saitenhöhe.
Konstruktionsbedingt ist der Abstand zwischen Ball-End der Saite und der
Auflage auf dem Saitenreiter recht groß, was für manche Saiten ein Ausschlusskriterium werden kann. So sind D'Addario Chromes, obwohl Longscale, für diesen Bass zu kurz, da zuviel Saitenlänge
durch den o.g. Abstand "verloren" geht.
Die Optik dieses schwarzen und hochglanzpolierten Basses finde ich einfach umwerfend, nur
soll dieser Bass ja nicht nur gut aussehen...
Trocken, also ohne Verstärkung, gespielt, ist der Star Bass schon angenehm laut, um so zu
Hause üben zu können. Den Vergleich mit einem rein akustischen Bass mit Jumbo-Body kann der Warwick nicht standhalten. Auffallend ist das recht lange Sustain, jedoch ohne ausgeprägte "hölzerne"
Note, wie sie z.B. ein Höfner "Violinbass" erzeugt. Mit Schuld daran könnten werkseitig mitgelieferten Warwick Red Label Saiten sein, sie klangen mir auch nach längerer Zeit
(verstärkt/unverstärkt) einfach zu metallisch. Also habe ich sie gegen die von mir auf anderen Bässen bevorzugten DR Lo Rider ausgetauscht. Der Sound ist nun nicht mehr ganz so höhenreich, bleibt
aber deutlich im Mittenbereich.
Beim Warwick Star Bass werden zwei passive MEC Single Coil Pickups verwendet, welche jeweils
über ein Poti zur Regelung der Lautstärke und des Tones verfügen. mit einem 3-Way-Kippschalter kann zwischen den Pickups gewählt werden (Bridge PU only, Bridge&Neck PU, Neck PU
only).
Der Neck-Pickup erzeugt erwartungsgemäß einen bassigeren Ton, der Bridge Pickup dagegen einen
recht knackigen mittigen/hohen Ton. In Schaltermittelstellung, also mit gewähltem Bridge und Neck Pickup erhält man einen sehr ausgewogenen Ton. Trotz der recht "milden" Arbeitsweise der
Tone-Potis sind ausreichende Klangmöglichkeiten gegeben.
Ich spiele in einer Rock-Coverband, in welcher wir uns aller möglichen Genres bedienen.
Eigentlich wollte ich den Bass nur für ein bis paar Songs einsetzen, da ich dachte, dass er aufgrund seiner Konstruktion (semiakustisch/HollowBody) nicht "universell" einsetzbar ist. Der Star
Bass liefert einen recht "fetten" und durchsetzungsfähigen Ton, den ich jetzt nicht unbedingt von einem semiakustischen Bass erwartet hätte. Den brachten der o.g. Johnson bzw. der Jack Casady
deutlicher rüber. Unverkennbar ist diese, ich nenne sie mal "hölzerne" Note dennoch. Was ja auch meine Absicht beim Kauf dieses Instrumentes war. Mir gefällt dennoch dieser modernere Ton, welcher
je nach Spielweise und PU-Wahl einem Solidbody Bass sehr nahe kommen kann. Der Bass kann "weich" und "smooth" klingen, er kann aber auch (typisch Warwick-like) knurren. Je nach PU-Wahl und
Spielweise bietet der Bass viele Klangvariationen. Daher ist der Bass für allerlei Musikrichtungen einsetzbar, für Heavey-Metal o.ä. vielleicht wohl dann doch nicht...(rein gefühlsmäßig
geschätzt...)
Eine Feedback-Anfälligkeit konnte ich nicht feststellen. Auch direkt vor der Box
stehend/spielend, bleibt der Bass/Amp angenehm ruhig.
Der Bass kostete um die 1550 Euro. Das war für eine günstigere Variante des Made
in Germany Star Basses immer noch recht viel, könnte man meinen. Die ProSerie unterscheidet sich von den wesentlich teureren in Deutschland gerfertigten Star Bass II Modellen u.a. in der Holzwahl
(PS: Ahorn; Star Bass II: Ahorn, Bubinga, Tigerwood), Material des Steges (PS: Tedur; Star Bass II: Messing) und hier und da in der Fertigung. Sie unterscheiden sich nicht in der Elektronik (der
Star Bass II kann optional mit aktiver Elektronik ausgestattet werden) und bei der Verwendung der weiteren Mechaniken.
Der Bass ist absolut sauber und hochwertig verarbeitet, nichts ist schief, zerkratzt oder hat
sonstige Mängel. Ich werde dem Bass Poti-Knöpfe aus Metall spendieren, da mir diese Plastik-Knöpfe doch ein wenig "billig" erscheinen und nicht ganz zur Optik des Basses passen
wollen.