Eigentlich ist es nicht mein Ding, Reviews über Bässe zu schreiben. Aber bei
diesem Bass muss ich einfach eine Ausnahme machen. Als langjähriger MusicMan Stingray Spieler werde ich hier und da ein paar Vergleiche zwischen den beiden Bässen einstreuen.
Ich bin eher zufällig über den Fender Roscoe Beck gestolpert. Aus unerfindlichen
Gründen hege ich zwar eine Abneigung gegen Bässe der Marke Fender, doch das eher Fender-untypische Aussehen und Handling dieses Basses machte mich neugierig. Wie (fast) immer bei Sachen, die mich
brennend interessieren, musste ich feststellen, dass dieser Bass nicht mehr hergestellt wird und auch nur eher selten auf dem Gebrauchtmarkt anzutreffen ist. Eine weitere Enttäuschung ist die
eher maue Farbauswahl,
die einem bei diesem Bass zur Verfügung steht: 3-Color Sunburst, Candy Apple Red, Shoreline Gold, Teal Green Metallic. Sunburst (in dieser Farbe sind die meisten gebrauchten RBs zu bekommen) mag
ich nicht, Green Metallic ist auch nicht mein Ding. Also suchte ich gezielt nach einem Bass in der Farbe Shoreline Gold und fand auch einen...
Als ich den Bass das erste Mal in den Händen hielt, fielen mir zwei Dinge als erstes auf: Das eher geringe Gewicht (als MM Stingray Spieler war ich etwas mehr Gewicht gewohnt...) und der mächtige Hals des RBs. Mit seinen knapp 4.9 kg hängt der Bass ausgewogen im Gurt, ohne kopflastig zu wirken. Dazu tragen sicherlich die recht zierlich wirkenden halboffenen Stimmmechaniken bei.
Der Hals aus einstreifigem Ahorn ist rückseitig lackiert, wirkt jedoch
nicht "klebrig". Die Halsabmaße sind nicht jedermanns Sache. Wer schmale Hände hat oder schmale Hälse bevorzugt, der sollte nicht mit einem Roscoe Beck V liebäugeln. Jedoch gewöhnt man sich nach
kurzer Zeit an den breiten und flachen Hals. Meiner Spielweise kam dies sogar entgegen...
Im Gegensatz zum Stingray ist der Body des Fenders ein wenig
ergonomischer geformt und liegt besser am Körper (Bauch?) an.
Auffallend ist ebenfalls die klobig wirkende Gotoh 3D Bridge, welche (der
Name verrät es schon) vielfältigste Einstellungsmöglichkeiten ermöglicht. Die Saiten können wahlweise durch die Brücke gezogen werden oder "Through Body" aufgezogen werden. Ich habe beides
ausprobiert und mich für die Variante "Through Body" entschieden. Ein deutlich längeres Sustain ist so zu erreichen und der Bass klingt etwas "weicher".
Wer ein Spiel nahe des Bridge-PUs bevorzugt, wird sich schnell an die
hoch herausstehenden Inbusschrauben gewöhnen müssen. Diese sind recht scharfkantig und bei schnellem Spiel stößt man gerne dagegen... Ansonsten ist die Verarbeitung des Basses wirklich
1A.
Nun, ein Bass soll nicht nur gut aussehen, er soll auch gut klingen. Hier
war ich in Anbetracht der Tatsache, dass es sich um einen rein passiven Bass handelt, recht skeptisch. Und es hat sich gezeigt, dass ich die vielfältigen Einstellungs- und Wahlmöglichkeiten
meines Stingrays 5HHs (welche u.a. hier sehr
gut im Review des Users sKu beschrieben werden) nur sehr wenig nutze. Brauche ich wirklich noch mehr?
Beim Fender können die (vielen) Wahlmöglichkeiten sogar verwirrend wirken
und Liebhaber von eher spartanisch ausgestatteten Bässen abschrecken:
Bei den Pickups handelt es sich speziell für diesen Signature Bass
von Bill
Lawrence entwickelte "Doppel-J"-Humbucker. Folgende
Wahlmöglichkeiten bietet der 3-Way Wahlschalter:
Damit jedoch nicht genug. Für jeden Pickup steht noch ein zusätzlicher
Miniswitch zur Verfügung. Mit diesem kann der jeweilige Pickup wie folgt geschaltet werden:
SingleCoil seriell
SingleCoil (Neck Coil aktiv)
SingleCoil parallel
Das Tone-Potentiometer ist ein Push-Pull-Poti. In gezogenem Zustand wird
der Anteil des Hals Pickups leicht zurückgenommen.
Nun kann sich ja wohl jeder ausrechnen, wieviele Möglichkeiten es gibt.
Ob man sie alle braucht, sei dahingestellt. Es macht durchaus Spaß, die verschiedensten Möglichkeiten zu testen und zu staunen, wie unterschiedlich doch ein und derselbe Bass klingen kann. Und
das mit einer rein passiven Elektronik. Jedoch findet man schnell seine ein bis drei Einstellungen, die einem am besten gefallen und zwischen denen man auch mal mehr oder weniger hin und her
schaltet.
Der Bridge PU bringt erwartungsgemäß einen sehr knackigen Sound rüber,
während der Hals PU mehr Tiefbass bringt. Beide PUs zusammen bringen auch in den unterschiedlichen SingleCoil-Einstellungen einen sehr ausgewogenen Klang. Mehr Variabilität erreicht man mit den
SingleCoil-Einstellungen. Seriell geschaltet ist ein tiefmittiger Sound mit deutlichen Höhen möglich, in der Parallelschaltung ist der Sound etwas Mittenlastiger. In der SingleCoilschaltung (plus
Push/Pull Poti) ist man dem Jazzbasssound am nahesten. Levelunterschiede zwischen den Einstellungen sind nicht zu vernehmen.
Im Vergleich zum Stingray 5HH bleibt der Sound des RBs eher mittenbetont.
Und was noch auffällt: Während die Bässe des Stingrays manchmal etwas zu dominant sein können, wirkt der Roscoe Beck ausgeglichener. (Dagegen arbeitet der 3 Band EQ des Stingrays deutlich besser
als das Tone Poti des Fenders...)
Man soll nie "nie" sagen. So konnte ich nie etwas mit Fender Bässen anfangen. Es ging sogar
so weit, dass ich irgendwie eine unergründliche Abneigung gegen diese Instrumente entwickelte. Ich mochte zwar deren Klang, aber deren Optik und Haptik aber überhaupt nicht. Alle derzeit
erhältlichen und mir bekannten Fünfsaiterhälse von Fender waren mir zu klobig. Für mich stand fest: Ein Fender kommt mir NIE ins Haus.
Na ja, bis zum Tag X
Ich spiele in einer Rock-Coverband und war dort bisher immer gut mit meinem Stingray5 / SUB5
gut bedient. Der Fender entwickelte sich aber schnell zu einem gern von mir eingesetzten Allround-Bass, da er rockig aber auch smooth klingen kann. Der unüberschaubare Wust an Einstellungen
lichtet sich schnell, da man recht schnell "seine" Lieblingseinstellung gefunden hat.